Laut ihren eigenen Aussagen auf verschiedenen Social-Media-Profilen und Telegram-Kanälen präsentierten verschiedene «identitäre» Gruppen ihre «Ideen zur Umsetzung der Remigration» – mit dem Ziel, das zu bewahren, was sie wiederholt als «ethnische und kulturelle Identität des Kontinents» bezeichneten, ein weisser Kontinent für weisse Männer und Frauen.
«Es war ein Wochenende im Zeichen der Vernetzung und des Aufbaus der Zukunft Europas», ist auf den Profilen von «Action Radar Europe» zu lesen, einer rechtsextremen Plattform, die 2023 nach einer «identitären» Kundgebung in Wien gegründet worden war, um solche Initiativen zu koordinieren.
Erläuterungen zum Treffen der «identitären» Bewegung bei Locarno
In einem Dorf oberhalb von Locarno traf sich die Prominenz aus diesem ultrarechten Spektrum. Allen voran der 32-jährige Dries Van Langenhove, ehemaliger flämischer rechtsextremer Abgeordneter und Gründer der nationalistischen Jugendbewegung «Schild & Vrienden». 2023 wurde er in erster Instanz zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, wegen Anstiftung zu Hass, Verbreitung von Rassismus und Holocaust-Leugnung. Ein Berufungsgericht bestätigte das Urteil, wandelte aber die Strafe in 13 Monate auf Bewährung um.
Gründer der «Jungen Tat» waren auch da
Beim Treffen waren auch Manuel Corchia und Tobias Lingg dabei, 24 respektive 23 Jahre alt, Gründungsmitglieder der umstrittenen schweizerischen Bewegung «Junge Tat». Diese geriet in den vergangenen Jahren mehrmals in die Schlagzeilen; mit Störaktionen, die darauf abzielten, Botschaften gegen Immigration, Multikulturalismus und LGBTQ-Bewegungen zu verbreiten. 2024 erliess die Zürcher Staatsanwaltschaft wegen solcher Störaktionen einen Strafbefehl gegen Mitglieder der «Jungen Tat».
Weitere Teilnehmer am Treffen bei Locarno kamen aus Dänemark, Österreich und Frankreich. In den sozialen Medien tauchen auf den Fotos des Ereignisses zwei Vertreter der «Nouvelle Droite» auf: eine identitäre Bewegung mit Sitz in Lille, einer Stadt, die als Wiege verschiedener Bewegungen der französischen extremen Rechten bekannt ist.
Dort hatte auch der Verein «La Citadelle» (die Festung) seinen Sitz, der 2024 von den französischen Behörden aufgelöst wurde. Der ehemalige Anführer von «La Citadelle», Aurélien Verhassel, war im vergangenen Juni beim «Remigration Summit 2025» in der norditalienischen Stadt Gallarate anwesend. Dort versammelten sich 300 bis 400 «identitäre» Aktivisten, unter ihnen der Österreicher Martin Sellner, der als Hauptideologe der «Remigration» gilt.
Auch der Initiator der Konferenz vom Juni ist am Wochenende in die Umgebung von Locarno gekommen: Andrea Ballarati, 24-jährig, Gründer und Präsident des Vereins «Azione, Cultura, Tradizione», der zum Netzwerk von «Action Radar Europe» gehört.
Ballarati ist in den letzten Monaten mehrmals im Tessin gesichtet worden. Er stand in Verbindung zur (kleinen) «identitären» Vereinigung «Ticino Vivo», die inzwischen aufgelöst wurde. Auch Mitglieder der «Jungen Tat» waren mehrmals im Tessin. Damit stellt sich die Frage, ob das Treffen bei Locarno nur ein Einzelfall war oder ob das Tessin als Plattform genutzt werden soll für weitere Veranstaltungen der europäischen «identitären» Bewegung.