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International Knapp am Atomkrieg vorbei – wie Physiker 1967 die Welt retteten

Im Kalten Krieg kam es mehrmals fast zur Atomkatastrophe. Eine US-Forscherin hat nun einen solchen Vorfall von 1967 analysiert. Physiker verhinderten die Apokalypse. In letzter Minute.

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Als die Wissenschaft die Welt rettete
aus Rendez-vous vom 19.08.2016. Bild: zvg
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Es ist der 23. Mai 1967. Massive Radiosignale treffen auf die Raketen-Frühwarnstation des US-Militärs in Alaska. Sie machen den Radar blind. Dasselbe passiert den anderen Stationen. Das Personal glaubt, die Sowjetunion störe den Radar und habe den Atomkrieg begonnen. US-Atombomber rollen auf die Startbahn. Dann der Befehl: «Abbruch, kein Start!»

Es war zum Glück nur die Sonne

«An diesem Tag hatte die Sonne grosse Flecken», erzählt die amerikanische Physikerin Delores Knipp. «In diesem Zustand sendet die Sonne starke Radiosignale aus; an diesem Tag stärker als alles, was je gemessen wurde.» Nach acht Minuten traf die Strahlung des Sonnensturms auf die Antennen und machte sie komplett blind.

Wären die Atombomber gestartet, hätten die Sowjets dies bemerkt und ebenso gehandelt. Das gebot die Logik der Abschreckung. Weil der Sonnensturm auch den Funkverkehr störte, hätten die Kommandostellen ihre Jets nicht zurückrufen können. «Die Vernichtungsspirale wäre kaum mehr aufzuhalten gewesen», sagt Knipp von der University of Colorado, die den Vorfall erforscht und nun veröffentlich hat.

Den Start verhindert haben Astrophysiker. Sie überzeugten die Einsatzleiter in letzter Minute davon, dass ein Sonnensturm hinter der vermeintlichen Attacke steckte.

«Das Verhängnis hätte seinen Lauf genommen»

Die Physiker waren erst kurz zuvor eingestellt worden, um das Weltraumwetter vorherzusagen. Dies, weil die Generäle erkannt hatten, dass die Radartechnik anfällig war für Strahlung aus dem All. «Hätte die Sonne aber nur ein Jahr zuvor derart gewütet», sagt Knipp, «wäre die Einsatzleitung getäuscht worden, und das Verhängnis hätte seinen Lauf genommen».

Der Historiker Patrick Kilian von der Universität Zürich untersucht die Geschichte des Kalten Kriegs. Er hält die Darstellung des Fastweltuntergangs vom Mai 1967 für plausibel. Denn die Frühwarntechnik sei enorm störanfällig gewesen. Den Generälen und ihren Forschern sei damals bewusst gewesen, wie fragil die Technik der atomaren Abschreckung war. Die Öffentlichkeit erfuhr nichts davon.

Militär ist von der Technik abhängig

«Der Kalte Krieg ist vorbei, die Konflikte sind geblieben », sagt Historiker Kilian, «und auch die Abhängigkeit des Militärs von der Technik mit all ihren Fehlern». Sie bestehe auch heute, im Zeitalter des Drohnenkriegs.

Die Physikerin Knipp ist sich der ambivalenten Rolle der Wissenschaft bewusst. Sie habe den Vorfall vom Mai 1967 recherchiert, weil sie zeigen wolle, wie wichtig die Forschung trotzdem sei.

Ihre Botschaft könnte angekommen sein. Nach dem Interview sollte Knipp an einem Treffen mit dem US-Militär, in dem über die Erforschung der Strahlung aus dem All diskutiert werden sollte, teilnehmen.

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