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Aargau Solothurn Presserat rügt Zeitung in Sachen «Gerigate»

Die Zeitung «Schweiz am Sonntag» hat den Journalistenkodex verletzt, urteilt der Schweizer Presserat deutlich. Mit dem ersten Artikel über einen Online-Chat, den Geri Müller mit einer jungen Frau geführt hatte, sei die Intimsphäre des Badener Stadtammanns in schwerer Weise verletzt worden.

Zeitungsausschnitt Schweiz am Sonntag
Legende: Die «Schweiz am Sonntag» hat laut dem Schweizer Presserat die Intimsphäre des Badener Stadtammanns Geri Müller verletzt. Montage SRF

Im Journalistenkodex, an den sich Schweizer Presseerzeugnisse zu halten haben, heisst es: «Jede Person – dies gilt auch für Prominente – hat Anspruch auf den Schutz ihres Privatlebens.» Diesen Punkt sieht der ersten Presserat in der Berichterstattung über den Fall «Gerigate» verletzt.

Kein öffentliches Interesse

Die vom AZ-Verlag herausgegebene «Schweiz am Sonntag» habe den Schutz des Privatlebens von Geri Müller eindeutig verletzt, urteilt der Presserat nun. Sie berichtete ausführlich über einen privaten Online-Chat, den der Badener Stadtammann mit einer jungen Frau führte. Im Verlauf dieser privaten Unterhaltung versandte Müller auch Nacktbilder von sich.

Auch wenn Müller diesen Chat zum Teil von seinem Arbeitsort im Stadthaus geführt hatte, sei er nicht von öffentlichem Interesse, rügt der Presserat. Er bleibe eine Privatsache, auch wenn er in Amtsräumen und während der Arbeitszeit geführt werde. «Nicht alles, was in Amtsräumen passiert, ist von öffentlichem Interesse», heisst es im Urteil (vgl. Link).

Die «Schweiz am Sonntag» habe nicht überzeugend darlegen können, worin genau das öffentliche Interesse an einer Berichterstattung über den privaten Sex-Chat Müllers bestehen soll, schreibt der Presserat. Auch wenn sich die Öffentlichkeit naturgemäss für die Intimsphäre anderer interessiere, dürfe man daraus kein öffentliches Interesse ableiten.

Beschwerde von Parlamentariern

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Der Schweizer Presserat hatte seinen Entscheid in Sachen «Gerigate» eigentlich bereits sistiert. Das Gremium wollt erst die juristischen Entscheide in der Angelegenheit abwarten und legte den Fall darum zur Seite. Dagegen haben 18 Bundesparlamentarier und -parlamentarierinnen Beschwerde eingelegt und nun vom Presserat Recht erhalten.

Zeitung wehrt sich vergeblich

Die zum AZ-Verlag gehörende «Schweiz am Sonntag» hat sich im Verfahren darauf berufen, Geri Müller sei als Mitglied des Nationalrats eine «absolute Person der Zeitgeschichte». Wenn ein sachlicher Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Stadtpräsident bestehe, dann seien Eingriffe in seine Privatsphäre – und ausnahmsweise auch in die Intimsphäre – zu dulden, schrieb die Zeitung.

Diese Argumentation liess der Presserat allerdings nicht gelten. Es handelte sich beim Chat nicht um ein Fehlverhalten im Amt, sondern um eine einvernehmliche Handlung zwischen Erwachsenen.

Verleger wehrt sich, Beschwerdeführer kontern

«Schweiz am Sonntag»-Verleger Peter Wanner hat auf der Website der «Aargauer Zeitung» zum Entscheid des Presserates Stellung genommen. Man nehme den Entscheid zur Kenntnis. «Es steht zu befürchten, dass der Entscheid aufgrund von politischem Druck zustande gekommen ist.» Wanner hält die Veröffentlichung des Artikels nach wie vor für angebracht, denn die Recherchen hätten sich als richtig erwiesen.

Audio
Presserat sieht Intimsphäre von Geri Müller verletzt (20.07.16)
02:37 min
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 37 Sekunden.

Laut AZ-Verleger Wanner hatte die Bevölkerung ein Anrecht darauf, über die Ergebnisse der Recherchen informiert zu werden. «Die entscheidende Frage bleibt dabei, ob sexistische Handlungen von Exekutivpolitikern in Amtsräumen statthaft sind und wenn sie vorkommen, ob sie den Schutz der Privat- und Intimsphäre beanspruchen dürfen.» Anders als der Presserat hätten sie diese Frage nicht bejaht.

Im Namen der Beschwerdeführenden schreibt der grüne Nationalrat Louis Schelbert, der Artikel stelle «eine neue Qualität der Missachtung der Intimsphäre einer öffentlichen Person» dar. Der Presserat habe implizit die Auffassung geteilt, «dass das nicht die Zukunft der Medienfreiheit sein darf».

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