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Antisemitischer Vorfall Mann wegen Angriffsplan auf Zürcher Juden verurteilt

  • Das Bezirksgericht Winterthur verurteilt einen 51-jährigen IV-Rentner wegen einer geplanten Attacke auf jüdische Menschen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten.
  • Die Einzelrichterin ging nicht davon aus, dass es sich bei den angekündigten Attacken um einen «Scherz» handelte.
  • Die Freiheitsstrafe wird zugunsten einer ambulanten Massnahme aufgeschoben.
  • Der Mann war im November 2024 mit drei Messern bewaffnet von Winterthur nach Zürich gefahren. Seinem Kollegen schickte er per Whatsapp ein Foto der Messer und kündigte an, er gehe ins Zürcher «Judenquartier». Dort werde er «den Bauch der ersten Person aufschlitzen», die ihm begegne. Der Kollege informierte die Polizei. Diese konnte den stark alkoholisierten Beschuldigten noch am Hauptbahnhof Zürich verhaften.

Angeklagter bezeichnete Drohung als «Scherz»

Bei der Befragung erklärte der gebürtige Palästinenser aus dem Libanon, er habe sich in «guter Stimmung» befunden und alles sei als Scherz gemeint gewesen. Er habe nicht damit gerechnet, dass sein Bekannter die Polizei informiere.

Die Staatsanwaltschaft sah im Vorfall keine Bagatelle: Wegen Vorbereitungshandlungen zur vorsätzlichen Tötung forderte sie zwei Jahre Freiheitsstrafe, aufgeschoben zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme.

Ein Chanukkaleuchter neben der Tür der Synagoge Löwenstrasse
Legende: Antisemitische Vorfälle haben gegenüber früheren Jahren stark zugenommen. (Symbolbild) Keystone/Gaetan Bally

Der Anwalt des Beschuldigten beantragte einen Freispruch. Der Witz sei angesichts der Weltlage «wirklich dumm», aber nicht strafbar. Es handle sich um einen «Teenager-Witz», keine Vorbereitungshandlung. Zudem gebe es keinen antisemitischen Hintergrund.

Das Bezirksgericht mochte dieser Interpretation nicht folgen. «Wir gehen nicht davon aus, dass Sie einen Scherz machten», sagte die Richterin. Er sei stark betrunken und damit unberechenbar gewesen. Die Whatsapp-Nachrichten seien glaubhaft gewesen. Das Bezirksgericht reduzierte die beantragte Strafe um acht Monate und ordnete eine ambulante Massnahme an. Dort soll der Mann seine Alkoholprobleme in den Griff bekommen. Bricht er die Massnahme ab oder wird rückfällig, muss der Mann die 16 Monate absitzen.

Messerangriff auf Juden in Zürich: Verfahren noch offen

Nur wenige Monate vor dem aktuellen Fall in Winterthur war es in Zürich zu einem schweren Angriff auf einen orthodoxen Juden gekommen: Am 2. März 2024 verletzte ein damals 15-jähriger Jugendlicher sein Opfer mit mehreren Messerstichen lebensgefährlich. Später tauchte ein Video auf, in dem sich der Jugendliche auf Arabisch zum IS bekannte.

Der Jugendliche befindet sich derzeit in einer geschlossenen Einrichtung. Eine Anklage wird voraussichtlich Anfang 2026 erhoben.

Seit dem Kriegsausbruch im Nahen Osten habe die Zahl antisemitischer Vorfälle in der Schweiz ein «beispiellos hohes Niveau» erreicht, berichten die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und der Schweizerisch Israelitische Gemeindebund. Insgesamt wurden 221 Fälle registriert, darunter 11 tätliche Angriffe sowie ein versuchter Brandanschlag auf eine Zürcher Synagoge.

Die jüdische Gemeinschaft reagiert mit wachsender Sorge: Viele vermeiden es, religiöse Symbole wie eine Kette mit Davidstern oder die Kippa öffentlich zu tragen.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 29.10.2025, 6:31 Uhr ; 

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