Für die einen ist es eine Frage der Religionsfreiheit – andere sehen es als eine Unterdrückung von Mädchen – nämlich dann, wenn schon Kinder ein islamisches Kopftuch, einen Hijab tragen. Mit der Frage, ob das Kopftuch an öffentlichen Schulen verboten werden soll, hat sich der Bundesrat beschäftigt.
In einem neuen Bericht hält der Bundesrat nun fest: Schülerinnen an öffentlichen Schulen soll das Tragen eines Kopftuchs nicht verboten werden. Allerdings sei es wichtig, dass die Mädchen am Sport- und Schwimmunterricht teilnehmen, hält der Bundesrat fest.
Ein Kopftuchverbot wäre überhaupt nicht schweizerisch und nicht mit der Religionsfreiheit vereinbar.
Muslimischen Schülerinnen pauschal das Kopftuch zu verbieten wäre unfair und diskriminierend, findet Önder Günes, der Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz. Dies wäre nicht mehr verfassungskonform. «Das wäre überhaupt nicht schweizerisch und nicht mit der Religionsfreiheit vereinbar», sagt Günes.
Er ist deshalb froh, dass sich auch der Bundesrat in seinem Bericht klar gegen ein Verbot von Kinderkopftüchern an öffentlichen Schulen ausspricht. Den jetzt veröffentlichten Bundesrats-Bericht hatte die Aargauer Mitte-Ständerätin Marianne Binder in einem Vorstoss verlangt.
Ich finde, dass das Kinderkopftuch die Entwicklung eines Kindes behindert durch seinen stigmatisierenden und diskriminierenden Charakter.
Mit den Antworten des Berichts ist sie allerdings nicht zufrieden. Denn der Bundesrat unterschätze, wie wichtig individuelle Rechte für die Kinder seien. Diese stünden über der Religionsfreiheit. Die Schule sei ein Freiraum für die Werte des Schweizer Staates: Freiheit und gleiche Rechte. Da sollten alle Kinder gleichermassen geschützt sein, so Binder.
Ihr gehe es dabei vor allem um das Wohl der Kinder, betont sie. «Ich finde, dass das Kinderkopftuch die Entwicklung eines Kindes behindert durch seinen stigmatisierenden und diskriminierenden Charakter.»
Prinzipielles Verbot sei der falsche Weg
Für den Bundesrat sind solche Einschätzungen zu pauschal. Die Gründe, warum Mädchen ein islamisches Kopftuch tragen, seien unterschiedlich. Deshalb sei ein prinzipielles Verbot auch der falsche Weg. Wenn es aber Anzeichen gebe, dass ein Mädchen von seinen Eltern zum Tragen eines Kopftuchs gezwungen werde, solle die Schule natürlich aktiv werden.
Dort, wo es Lösungen gibt für diese Schülerinnen gibt, soll man nicht zusätzliche Verbote ins Spiel bringen
Vor allem ist es für den Bundesrat wichtig, dass auch Schülerinnen, die ein Kopftuch tragen, am Sport- und Schwimmunterricht teilnehmen. Das unterstützt auch Önder Günes von der Förderation Islamischer Dachorganisationen.
«Dort, wo es Lösungen für diese Schülerinnen gibt, da soll man nicht zusätzliche Verbote ins Spiel bringen. Denn es gibt ja für solche Fälle geeignete Kleidung, geeignete Massnahmen, die die Teilnahme dieser Schülerinnen an diesem Unterricht ermöglichen.» Also etwa das Tragen eines Burkinis.
Kopftuch-Diskussion wird weitergehen
Die Diskussionen um das Thema werden aber auch nach diesem Bundesrats-Bericht weitergehen. So wurde im Parlament von rechtsbürgerlicher Seite bereits ein Vorstoss eingereicht, der ein schweizweites Kopftuch-Verbot für alle Mädchen unter 15 Jahren verlangt.