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Fall Malters: Polizeipsychologe warnte vergeblich
Aus Schweiz aktuell vom 12.06.2017.
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Fall Malters Polizeipsychologe: «Habe zu 180 Grad anders beraten»

Neue Details zur verhängnisvollen Razzia in Malters: Der Psychologe warnte vor einem Zugriff – und wurde laut Protokoll übergangen.

Nächste Woche wird die Polizeirazzia von Malters, bei der sich eine Frau erschossen hatte, verhandelt. Vor Gericht stehen der Luzerner Polizeikommandant und sein Kripo-Chef.

Der Vorwurf der Anklage ist happig: fahrlässige Tötung. Der ausserordentliche Staatsanwalt schreibt in der Anklageschrift, die «Schweiz aktuell» vorliegt: «Die Einsatzleitung hätte mit einem Suizid rechnen können, ja müssen.» Denn laut der Untersuchung und nach Einvernahme von zahlreichen Beteiligten, habe die Luzerner Polizeiführung von Suizidandrohungen und der psychischen Krankheit der 65-jährigen Frau gewusst.

Die Vorgeschichte:

  • Am 9. März 2016 wollte die Luzerner Polizei in Malters eine Wohnung durchsuchen, in der sie eine Hanfplantage vermutete.
  • Die Mutter des mutmasslichen Plantagenbetreibers verweigerte den Polizisten aber den Zutritt. Sie drohte, sich mit einem Revolver zu erschiessen.
  • Verhandlungen, die Frau zum Aufgeben zu überreden, brachten nichts.
  • Nach 17 Stunden stürmte die Polizei die Wohnung. Die Frau erschoss sich im Badezimmer.

Polizeikommandant Adi Achermann betonte nach der Stürmung, die Lagebeurteilung habe unter Einbezug aller Beteiligten ergeben, die konkrete Gefährdung zu beenden – einstimmig.

Polizeipsychologe warnte eindringlich

«Schweiz aktuell» bekam Einblick in die umfangreichen Untersuchungsakten und in die Einvernahmeprotokolle des Polizeipsychologen, der von einem Zugriff abriet. «Ich habe zu 180 Grad anders beraten», sagte der Experte gemäss den Akten.

Der Luzerner Polizeipsychologe warnte deutlich vor einem Zugriff. Beim Entscheid, ob eine Stürmung der Wohnung richtig ist, wurde er aber offensichtlich übergangen. In der Befragung gab der Psychologe etwa an: «Ich sagte zum Einsatzleiter Daniel Bussmann, es solle auf Zeit gespielt werden, man solle zuwarten.» Und weiter: «Irgendwann sei die Frau erschöpft und man habe die Möglichkeit, die Situation ohne Eskalation zu beenden.»

Der Polizeieinsatz wurde von einem ausserordentlichen Staatsanwalt aus dem Kanton Aargau untersucht. Ihm gab der Polizeipsychologe zu Protokoll: «Ich war mir ziemlich sicher, dass die Frau ihre Drohung wahr macht und schiessen wird, wenn man rein geht.»

Kritik von Polizeiexperte

Markus Mohler, ehemaliger Polizeikommandant von Basel-Stadt, sagt, er wolle dem Gericht nicht vorgreifen. Polizeiexperte Mohler kritisiert aber das Vorgehen der Einsatzleitung. Mohler: «Wenn man einen Polizeipsychologen beizieht, und es geht in Fall Malters um psychische Probleme, dann sehe ich nicht ein, weshalb man nicht auf den Polizeipsychologen hört.»

Der Polizeikommandant und der Kripo-Chef wollten sich auf Anfrage von «Schweiz aktuell» nicht äussern. Der Prozess startet nächsten Montag vor dem Bezirksgericht Kriens. Der Staatsanwalt fordert für die beiden Polizeikader bei einer Verurteilung bedingte Geldstrafen.

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