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Schweiz Schweizer Verwaltung setzt Öffentlichkeitsgesetz nicht optimal um

Fertig mit der Geheimniskrämerei, mehr Transparenz in der Verwaltung: In der Schweiz gilt das bereits seit acht Jahren aufgrund des Öffentlichkeitsgesetzes. Jedes amtliche Dokument darf im Normalfall eingesehen werden. Doch die Praxis sieht anders aus.

Informationen über unsaubere IT-Beschaffungen beim Seco. Hintergründe zum umstrittenen Sponsoring von ETH-Lehrstühlen. Brisante Dokumente zur Erdbebensicherheit des Stauwehrs beim Atomkraftwerk Mühleberg. All dies wurde in den letzten Monaten in Schweizer Zeitungen publiziert, von hartnäckig recherchierenden Medienschaffenden, die dank dem Öffentlichkeitsgesetz an wichtige Dokumente aus der Bundesverwaltung gelangten.

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Halbherzige Transparenz beim Bund
aus Echo der Zeit vom 15.04.2014. Bild: Symbolbild Keystone
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Der Journalist Martin Stoll vom gemeinsamen Recherche-Desk von «Sonntagszeitung» und «Le Matin» ärgert sich darüber, dass er bei seinen Anfragen nicht immer auf offene Bürotüren stösst: «Im Moment dominieren in der Verwaltung diejenigen Exponenten, welche im Öffentlichkeitsgesetz eher ein Übel als eine Chance sehen. Sie leisten eine Art passiven Widerstand.»

Er nennt auch gleich ein Beispiel: «Da fragten wir nach einem Rechtsgutachten in einem Bundesamt. Die Antwort war, es gibt kein Rechtsgutachten. Im Laufe der Recherche haben wir herausgefunden, dass das Dokument nicht mit Rechtsgutachten, sondern mit Stellungnahme angeschrieben war.»

Zwingendes Werkzeug

Thema am Welt-Medien-Kongress

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Medien werden schwächer, Staaten stärker – selbst in westlichen Demokratien. Immer weniger Geld und juristisch immer kürzere Spiesse: Die Beaufsichtigung von Regierungen und Firmen wird geschwächt. Die Transparenz leidet. Das war auch Thema am Welt-Medien-Kongress in Kapstadt.

Reine Verzögerungstaktik, beanstandet Stoll. Und dies sei darum möglich, weil es in der Bundesverwaltung kein zentrales Verzeichnis aller amtlichen Dokumente gebe: «Ein Dokumentenverzeichnis ist ein zwingendes Werkzeug für Medienschaffende und Bürgerinnen und Bürger. Nur mit einem Verzeichnis können wir überhaupt in Erfahrung bringen, ob ein Dokument existiert.» Man kenne das aus Bibliotheken und Archiven. «Ohne einen Online-Katalog im Bundesarchiv, wäre es nicht möglich an Dokumente heranzukommen.»

Stoll ist nicht nur Journalist, sondern auch Präsident des Vereins Öffentlichkeitsgesetz.ch, der sich für mehr Transparenz in der Verwaltung einsetzt und Medienschaffende bei ihren Anfragen unterstützt. Der Verein wird von verschiedenen Journalisten-Organisationen, vom Verlegerverband und von Medienhäusern, darunter auch der SRG getragen.

Passiver Widerstand in der Verwaltung – diese Kritik weist man beim zuständigen Bundesamt für Justiz zurück. Vizedirektor Luzius Mader sagt: «Es gibt gewisse Vorbehalte insbesondere bei Stellen, die über knappe Ressourcen verfügen. Der Aufwand ist da ein wichtiges Element», stellt Mader fest und ergänzt: «Das Zählen eines zentralen Verzeichnisses der verfügbaren Dokumente ist sicher ein Hindernis für den guten Vollzug des Öffentlichkeitsgesetzes.» In den letzten Jahren seien aber diesbezüglich verschiedene Massnahmen getroffen worden, um den Zugang zu erleichtern.

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Die Wikileaks-Verteidigerin
aus Echo der Zeit vom 15.04.2014. Bild: Keystone
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Ein alter Hut

Die Forderung nach einem zentralen Register ist nicht neu – im Gegenteil, wie SP-Nationalrätin Nadine Masshardt weiss: «Bereits vor zehn Jahren hat der Bundesrat angekündigt, dass er ein zentrales Register einführen will für diese Dokumente. Bis jetzt ist aber nichts passiert», bedauert die Politikerin.

Sie wollte deshalb vom Bundesrat wissen, weshalb er die Einführung eines Registers um weitere fünf Jahre hinausgeschoben habe. In seiner Antwort schreibt der Bundesrat nun, er möchte ein solches Register gleichzeitig für alle Verwaltungsstellen einführen. Doch das sei technisch noch nicht möglich.

Eine Antwort, die Masshardt enttäuscht: Sie ist der Meinung, dass Bundesrat und Verwaltung mehr tun müssten für Transparenz: «Es geht um einen Grundsatz. Es geht auch um staatspolitisches Interesse, dass die Arbeit der Bundesverwaltung einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden kann, und man einen möglichst einfachen Zugang hat.»

Immerhin will der Bundesrat bis Ende 2014 überprüfen, wie gut das Öffentlichkeitsgesetz umgesetzt wird, und ob es allenfalls neue Massnahmen braucht.

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