Er habe eigentlich Diesel im Blut, sagt Martin Lörtscher. Doch der Geschäftsführer des Transportunternehmens Hugelshofer aus Frauenfeld ist in seiner Branche so etwas wie ein Pionier der E-Mobiliät. 60 von insgesamt 220 Fahrzeugen seiner Firma werden elektrisch betrieben, bis 2028 soll die Hälfte der Flotte aus E-Lastwagen bestehen.
«Ich sehe die Chance im Ganzen, wir dürfen bei einem Technologiewandel dabei sein», sagt Lörtscher. Auch die Fahreigenschaften der E-Lastwagen schätzt er inzwischen. «Die Ruhe in der Kabine, man ist einfach ein anderer Mensch», schwärmt der ehemalige Chauffeur, der sich zwischendurch immer noch ans Steuer setzt.
Ein Boom mit Nebenwirkungen
E-Lastwagen boomen in der Schweiz. Im ersten Halbjahr 2025 waren 17.2 Prozent der Neuimmatrikulationen von schweren Nutzfahrzeugen E-Lastwagen – ein mehr als doppelt so hoher Anteil als im ganzen 2024. Diese Entwicklung sei eine gute Nachricht auf dem Weg zu weniger CO₂-Ausstoss, findet Bundesrat Albert Rösti.
Doch was den Umweltminister Rösti freut, ist ein Problem für den Verkehrsminister Rösti. Wächst nämlich der Anteil an E-Lastwagen, sinken die Einnahmen der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA), mit denen der Bund die Eisenbahninfrastruktur mitfinanziert. Der Bundesrat hat im Mai deshalb entschieden, dass ab 2029 auch E-Lastwagen LSVA-pflichtig werden sollen – zwei Jahre früher als ursprünglich geplant.
Bundesratspläne «werfen alles über den Haufen»
Bei Martin Lörtscher und der Nutzfahrzeugbranche kommt das schlecht an: «Es war klar, dass wir dereinst auch für E-Fahrzeuge LSVA bezahlen müssen. Aber man hat immer von 2031 gesprochen.» Diese Verschiebung aufgrund des schnelleren Wandels würde bei seiner Firma «alles über den Haufen werfen».
E-Lastwagen werden inzwischen zwar auch serienmässig produziert, sind aber nach wie vor zweieinhalbmal so teuer wie ein Diesel-Lastwagen, kosten also 300'000 bis 400'000 Franken. «Darum ist es für uns so entscheidend, dass wir die LSVA-Befreiung bekommen», sagt Lörtscher. Auf 100'000 gefahrene Kilometer fielen 96'000 Franken weg zur Amortisation eines E-Lastwagens.
Elektrifizierung ausgebremst?
Bundesrat Rösti will mit seinen LSVA-Plänen die Elektrifizierung nicht bremsen, wie er im Mai vor den Medien erklärte. Den E-Lastwagen soll in einer ersten Phase deshalb bis zu 70 Prozent Rabatt gewährt werden. Jammert die Branche also nicht einfach auf Vorrat? «Nein», sagt Lörtscher. «Auch 30 Prozent sind noch sehr viel. Wenn das kommt, dann werden wir diese Fahrzeuge nicht gewinnbringend betreiben können.»
Wie und unter welchen Bedingungen für E-Lastwagen die LSVA fällig wird, entscheidet das Parlament. Letzte Woche hat sich die zuständige Kommission des Nationalrats mit dem Vorschlag des Bundesrats beschäftigt – und die Kritik der Lastwagenbranche erhört. Sie ist zwar für die Einführung der LSVA-Pflicht, der Rabatt für E-Lastwagen soll bis 2031 jedoch 100 Prozent betragen. Faktisch wäre das eine Befreiung für zwei Jahre.
Bei der Umweltorganisation Pro Alps stösst das auf harsche Kritik. Der Entscheid zeige, dass «wirtschaftliche Interessen erneut stärker gewichtet wurden als Umwelt- und Alpenschutz.» Der Nationalrat entscheidet voraussichtlich in der Wintersession über die LSVA für E-Lastwagen.