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«Inländervorrang light»: Genf als Vorbild?
Aus Rendez-vous vom 30.11.2016. Bild: Keystone
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Diskussion um Inländervorrang Genf geht mit vernünftigem Beispiel voran

Öffentliche Betriebe müssen ihre offenen Stellen zuerst dem Arbeitslosenamt melden. Das ist machbar.

Das Wichtigste in Kürze

  • Genf kennt seit zwei Jahren einen Inländervorrang für die Verwaltung und öffentliche Institutionen.
  • Der Aufwand ist nicht viel grösser, sagt der Sprecher des Universitätsspitals Genf.
  • In gewissen Berufen dürfen die Stellen direkt ausgeschrieben werden.
  • Jede dritte Anstellung erfolgt aufgrund des Inländervorrangs.
  • Trotz der gesetzlichen Bevorzugung von Inländern haben die Grenzgänger in Genf zugenommen.

Auch im Genfer Universitätsspital hat man sich gefragt, wie das gehen soll, als vor zwei Jahren der Inländervorrang im Kanton eingeführt wurde. Das Spital ist der grösste Arbeitgeber im Kanton Genf mit knapp 11'000 Angestellten. Rund 800 Stellen werden jährlich neu besetzt.

Seit zwei Jahren müssen offene Stellen zuerst dem kantonalen Arbeitsamt gemeldet werden und dürfen erst zehn Tage später auch öffentlich ausschrieben werden. Maximal fünf vorgeschlagene Arbeitslose erscheinen zum Vorstellungsgespräch. Werden sie nicht angestellt, braucht es eine schriftliche Begründung. Das tönt sehr aufwändig.

«Eine Stelle für eine Pflegefachfrau dürfen wir sofort öffentlich ausschreiben.»

Man habe aber schnell gesehen, dass in der Praxis nicht alles so rigoros sei wie auf dem Papier, sagt der Mediensprecher des Spitals, Nicolas de Saussure: «Pflegepersonal zum Beispiel ist in Genf schwierig zu finden und entsprechend meldet sich kaum jemand beim Arbeitslosenamt. Wir diskutierten deshalb und konnten intelligente Lösungen finden. Eine Stelle für eine Pflegefachfrau dürfen wir sofort öffentlich ausschreiben.»

«Die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt basiert auf Vertrauen»

In anderen Bereichen hingegen haben seither mehr Einheimische, die zuvor arbeitslos waren, eine Stelle gefunden. Dies betraf etwa die Administration, die Logistik oder die Küche. Insgesamt jede dritte Anstellung erfolge aufgrund von Vorschlägen des Arbeitsamtes, sagt de Saussure.

Das Prozedere sei zum Teil schon länger, doch die Bürokratie halte sich im Rahmen. «Wir müssen keine zwölfseitigen Rapporte schreiben, wenn wir jemanden nicht anstellen. Umgekehrt bekommen wir oft schnell gute Bewerbungen. Die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt basiert auf Vertrauen und gesundem Menschenverstand.»

Diese unkomplizierte und speditive Zusammenarbeit hängt auch damit zusammen, dass beim kantonalen Arbeitsamt Ansprechpersonen für das Spital bestimmt sind. Verantwortlich dafür ist Charles Vinizio. Er betont, wie wichtig es sei, die spezifischen Bedürfnisse der Arbeitgeber zu kennen und gleichzeitig in engem Kontakt mit den regionalen Arbeitsvermittlungsstellen zu stehen.

An der Arbeitslosenquote hat das Modell nichts geändert

Eingeführt hat diesen abgeschwächten Inländervorrang in Genf Staatstrat Mauro Poggia. Seine Partei MCG richtete sich mit der Bevorzugung von Ansässigen vor allem gegen Grenzgänger. Diese haben in den letzten Jahren trotzdem auf mittlerweile knapp 100'000 zugenommen. Auch die Arbeitslosenquote gehört mit aktuell 5,5 Prozent nach wie vor zu der höchsten in der Schweiz.

Poggia ist trotzdem überzeugt, dass Genf mit dieser pragmatischen Lösung den richtigen Weg gehe. Sie werde nun auf freiwilliger Basis auch in der Privatwirtschaft eingeführt. «Die Arbeitslosenquote blieb immerhin stabil, entgegen den Prognosen von über sechs Prozent. Das nächste Ziel, auch immer mehr private Unternehmen für das Modell zu sensibilisieren, funktioniert aber nur mit Überzeugen, und nicht mit Aufzwingen.»

«Die Vernunft darf nicht vergessen werden»

«Ich glaube nicht, dass es sinnvoll wäre, ein gesamtschweizerisches Modell vorzuschreiben»

Poggia verfolgt die Diskussionen in Bern deshalb sehr kritisch und ist etwas beunruhigt: «Ich glaube nicht, dass es sinnvoll wäre, ein gesamtschweizerisches Modell vorzuschreiben. Das wäre viel zu viel Bürokratie und am Ende kontraproduktiv. Die Vernunft darf nicht vergessen werden, sonst bleibt es nur rausgeschmissenes Geld.»

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