Die Ausgangslage: Die Wasserkraft soll in grossem Umfang ausgebaut werden. Der Bund hat mit dem neuen Stromgesetz insgesamt 16 Projekte definiert, die realisiert werden sollen. Viele Projekte werden jedoch von Umweltverbänden massiv kritisiert. Bei zwei Projekten im Kanton Bern ist nun der Durchbruch gelungen. Die Betreiberin, der Kanton und die Umweltverbände konnten sich einigen. Ein Deal, der für andere Projekte Vorbild sein soll.
Der Ausbau: Es geht um zwei Hauptprojekte: Einerseits soll beim Triftgletscher im Grimselgebiet eine neue Staumauer entstehen. Andererseits sollen die beiden Mauern des Grimselsees um je 23 Meter erhöht werden. Es sind grosse Ausbauprojekte: Beide sollen die Stromproduktion in der Schweiz insbesondere in den Wintermonaten fördern.
Trift und Grimsel: Um diese Wasserkraftprojekte geht es
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Bild 1 von 3. Beim Triftgletscher ob Gadmen BE soll ein Staudamm gebaut werden, damit das Wasser in einem höheren Speichersee gesammelt und für die Stromproduktion genutzt werden kann. Bildquelle: KEYSTONE / Gaetan Bally.
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Bild 2 von 3. Durch das Schmelzen des Triftgletschers wurde bereits ein Geländebecken frei, das Wasser sammelt. Durch eine Mauer soll mehr Wasser gestaut werden. Bildquelle: KWO / David Birri.
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Bild 3 von 3. Zudem sollen die bisherigen Staumauern am Grimselsee erhöht werden. Beide Projekte schaffen einen Viertel der neu geplanten Kapazitäten im ganzen Land. Bildquelle: KWO / David Birri.
Der Durchbruch: Im sogenannten Grimsel-Dialog haben die Umweltverbände dem Kanton und der Betreiberin, Kraftwerke Oberhasli, zugesichert, keine Beschwerden gegen die geplanten Bauten einzulegen. Im Gegenzug wurden Ausgleichsmassnahmen definiert, die die Biodiversität und die Landschaft schützen.
Die Massnahmen: Diverse Flüsse im ganzen Kanton Bern sollen nicht für die Stromproduktion genutzt werden dürfen. Kleinwasserkraftwerke an der Emme und das Wehr an der Simme sollen zurückgebaut werden. Bei drei Gletschervorfeldern wurden Einschränkungen definiert: Dort dürfen weder Energieanlagen wie Wasser-, Wind- oder Solaranlagen gebaut werden, noch Tourismusattraktionen wie Seilbahnen, Hotels oder Hängebrücken. Zudem sollen gewisse Flächen wie Wiesen als Lebensräume geschützt werden. Dabei sollen etwa Ziegen eingesetzt werden, damit Flächen nicht zuwachsen.
Das sagt die Betreiberin: Die Kraftwerke Oberhasli zeigen sich zufrieden mit dem Deal. «Es ist ein Freudentag», so KWO-Chef Daniel Fischlin. Die Projekte seien unverzichtbar für die Schweiz, insbesondere im Winter.
Das sagen die Umweltverbände: Bei den Verhandlungen dabei waren diverse Verbände wie WFF, Pro Natura, Aqua Viva und die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. Christopher Bonzi vom WWF sagt, die Ausgleichsmassnahmen seien wichtig und neu: «Man anerkennt, dass die Auswirkungen der Wasserkraft sehr gross sind und man mehr machen muss.» Bisher habe es Ersatzmassnahmen gegeben, bei denen an einem kleinen Ort sehr wenig gemacht wurde. Neu müssten die Massnahmen nicht nur im Umkreis der Kraftwerke sein. «Man kann auch auf dem ganzen Kantonsgebiet Massnahmen finden, die am meisten bringen.»
Die Bedeutung: Mit dem Deal habe man gezeigt, dass man gleichzeitig Winterstrom ausbauen und gute Lösungen für die Natur finden könne, so Bonzi vom WWF: «In Bern haben wir Pionierarbeit geleistet, die man jetzt auch in anderen Kantonen machen sollte.» Das Beispiel Bern als Vorbild betont auch KWO-Chef Fischlin: «Wenn alle bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, entstehen tragfähige Lösungen.»
Die Beschwerde: Der Grimselverein jedoch hält an seiner Beschwerde gegen den Trift-Ausbau fest. «Es ist ein massiver Eingriff in eine bisher unberührte Landschaft», sagt Präsident Nick Röllin. Die Projekte seien ein so grosser Eingriff in die Natur, dass es dafür gar keine Ausgleichsmassnahmen gebe.
Die weiteren Schritte: Lehnt das Gericht die Beschwerde ab, kann die KWO ins Baubewilligungsverfahren. Wenn nicht, rechnet sie mit einer Verzögerung von zwei Jahren.