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Thierry Burkart «Die Zahlen sprechen nicht für mich»

Als Parteipräsident habe er gelernt, selbstkritisch zu sein. Thierry Burkart weiss, dass er nicht als bester Parteipräsident abtreten wird.

Thierry Burkart

FDP-Präsident

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FDP-Ständerat Thierry Burkart ist Rechtsanwalt und vertritt seit 2019 den Kanton Aargau in der kleinen Kammer. Seit dem 2. Oktober 2021 ist er FDP-Parteipräsident. Im Juni 2025 gab er seinen Rücktritt als Parteipräsident bekannt.

SRF News: Thierry Burkart, Sie sind auch Reiter. Übergeben Sie ihre Partei nun aus dem Galopp oder im Schritt am langen Zügel?

Thierry Burkart: Ich habe erst vor drei Jahren mit Reiten begonnen und muss also noch viel lernen. Es ist ein fliegender Wechsel, wohl im Trab. Es ist ein passendes Bild. Wenn man eine Partei führt, ist man nie alleine.

Ich hüte mich, Ratschläge zu geben. Sie haben es nicht nötig und vieles wird sich ergeben.

Es ist wie bei Reiten. Die Partei ist keine Maschine, sondern die FDP ist ein Lebewesen. Man muss auf sie eingehen. Man muss signalisieren, dass man der Chef ist, darf aber das Lebewesen nicht zu etwas zwingen.

Was geben Sie Ihrer Nachfolgerin, Ihrem Nachfolger weiter?

Ich hüte mich, Ratschläge zu geben. Sie haben es nicht nötig und vieles wird sich ergeben. Was mir wichtig war und mir hoffentlich auch gelungen ist: Manchmal muss man spüren, wenn ein Präsident vorangeht, ohne alle Gremien abzuholen. Oder auch, wo man sich zurückhalten und grosses Gewicht auf den Meinungsbildungsprozess legen muss.

Können Sie Beispiele geben?

Als der Ukrainekrieg ausbrach, forderte ich mehr Mittel für die Verteidigungsfähigkeit. Hier ging ich voraus und an der Delegiertenversammlung wurde meine Position gestützt.

Mann spricht am Rednerpult der FDP Die Liberalen.
Legende: Thierry Burkart Keystone/URS FLUEELER

Anders bei der Frage zu den neuen Verträgen mit der Europäischen Union: Wenn ich da vorausgegangen wäre, Ja oder Nein gesagt hätte, dann hätte ich von einem Tag auf den anderen die Partei gespalten.

Sie sagten, Sie wollten als Jurist zuerst alle neuen Verträge mit der EU lesen, um sich eine Meinung zu bilden. Haben Sie das nun?

Ich habe alles gelesen und habe eine Meinung. Am Samstag moderiere ich an der Delegiertenversammlung die Debatte zu den Verträgen. Ich nehme mich da aber zurück.

Ist die Partei in dieser Frage gespalten?

Wir stehen dazu, es gibt unterschiedliche Meinungen in unserer Partei. Und weil wir dazu stehen, wollen wir einen basisdemokratischen Entscheid.

Ich stehe nicht hin und sage: Ich habe alles richtig gemacht. Die Zahlen sprechen nicht nur für mich.

Die Delegierten entscheiden nach einer Auswertung aller Argumente.

Der «Schweizermonat» schrieb, sie treten zurück, weil die Partei aufgrund der Spaltung nicht zu führen ist.

Ich hoffe doch, ich habe sie geführt!

Es gibt das Sprichwort, sich nicht über sein Pferd zu ärgern, weil es das Spiegelbild des eigenen Verhaltens ist. Trifft dies auch auf die Partei zu?

Ja, das ist ein schönes Bild. Wenn man vom Pferd zu viel will, gibt es Abwehrreaktionen – und das ist mir ab und zu auch mit der Partei passiert. Und da habe ich mich über mich geärgert.

Sie wollten vor 4 Jahren das «liberale Feuer» entfachen. 2023 hat aber die FDP das bisher schlechteste Wahlresultat erzielt. Kann die FDP wieder wachsen?

Wenn ich an Veranstaltungen gehe, merke ich, wie viele Menschen sich immer noch mit Leidenschaft für den Liberalismus einsetzen. Auch bei den Jungfreisinnigen. Aber ich nehme die Entwicklung mit Demut entgegen. Ich stehe nicht hin und sage: Ich habe alles richtig gemacht. Die aktuellen Umfragezahlen und das Wahlergebnis 2023 sprechen gar nicht für mich. Das nehme ich selbstkritisch entgegen. Ich bin aber überzeugt, wir haben durch die klareren Kanten und klarere Positionierung die Chance, zuzulegen. Ich trete aber nicht ab als der erfolgreichste Parteipräsident.

Das Gespräch führte Karoline Arn.

Tagesgespräch, 14.10.2025, 13:00 Uhr ; 

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