Wenn Primarschüler Aufsätze wie Professoren schreiben und Studentinnen in drei Wochen Masterarbeiten vorlegen, dann ist etwas faul. Der naheliegende Verdacht: Hier hat die KI nachgeholfen. Das Problem: Den Beweis zu erbringen, ist schwierig.
Denn ChatGPT und Co. sind Meister der Verschleierung. Was sie fabrizieren, lässt sich nur schwer mit klassischer Plagiatssoftware erkennen. Diese kann aber auch ausschlagen, wenn Studierende glauben, blosses Faktenwissen von der KI abgeholt zu haben.
Die Plagiatsangst geht um
Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagt Thomas Gächter, der Dekan der rechtwissenschaftlichen Fakultät der Uni Zürich: «Viele Studierende haben panische Angst davor, dass man ihnen ein Plagiat unterstellt. Das lähmt gerade die guten Studierenden.» Diese Angst müsse man ernst nehmen.
Am Sonntag ist es drei Jahre her, dass ChatGPT lanciert wurde. Seither hat KI auch an Schweizer Hochschulen viel in Bewegung gesetzt. Sie müssen ihre Lehrpläne nämlich so gestalten, dass die Studierenden weiterhin Kompetenzen und Fachwissen erlernen – statt das Denken der KI zu überlassen.
Anfangs ist auch bei uns etwas Panik ausgebrochen.
Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat als eine der ersten Bildungsstätten der Schweiz eine offizielle KI-Richtlinie eingeführt. Eine treibende Kraft dahinter war Lisa Messenzehl. Sie leitet die Fachgruppe Lehrtechnologien und Didaktik an der Fachhochschule.
Klare Richtlinien an der ZHAW
«Anfangs ist auch bei uns etwas Panik ausgebrochen», räumt Messenzehl ein. «Wir haben aber schnell beschlossen, dass wir KI offen gegenüberstehen.» Messenzehl spricht von einem Lernprozess – insbesondere mit Blick auf Leistungsnachweise.
Grundsätzlich gilt: Die Verwendung von KI-Tools muss deklariert werden. Die Hochschule erklärt im Detail, was erlaubt ist – und was nicht. Bei schriftlichen Arbeiten geht die ZHAW inzwischen davon aus, dass Studierende KI einsetzen. «Sprache und Formulierungen sind deshalb auch kein eigenes Bewertungskriterium mehr», sagt Messenzehl.
Mit der KI statt gegen sie arbeiten
Die ZHAW integriert KI auch bewusst in den Unterricht. Die Bildungsmanagerin nennt ein Beispiel: «Studierende müssen den Output der KI analysieren und vor dem Hintergrund des eigenen Fachwissens kritisch einordnen.»
Der Einsatz von KI kennt aber Grenzen. Ein Beispiel: Eine Physiotherapeutin braucht weiterhin hartes Wissen über Muskelgruppen. Und dieses Wissen wird an Prüfungen abgefragt.
Fokus auf mündliche Prüfungen
Gleichzeitig rückt die mündliche Präsentation von Forschungsergebnissen verstärkt in den Fokus. Ein Trend, der sich auch an anderen Hochschulen feststellen lässt – so etwa bei der mündlichen Prüfung der Doktorarbeit, wie sie die Uni Zürich einführt. An der ZHAW mit ihren berufsnahen Studiengängen gewinnen auch praktische Prüfungen an Bedeutung.
Zentral für die ZHAW: Studierende sollen befähigt werden, sich unabhängig von KI Kompetenzen anzueignen und Wissen zu verknüpfen. Messenzehl sagt es so: «Wenn ich Muskeln aufbauen möchte, nützt es nichts, wenn ich meine Kollegin ins Gym schicke.» Heisst: Die Hirnmuskeln werden auch im KI-Zeitalter noch gebraucht.