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Unbezahlte Care-Arbeit AHV-Betreuungsgutschriften zeigen kaum Wirkung

Betreuende Angehörige könnten mit Gutschriften ihre Rente aufbessern. Doch nur die wenigsten machen davon Gebrauch.

Die Renten von knapp 10'000 Pensionierten enthalten Betreuungsgutschriften. Bei insgesamt 2.6 Millionen Rentnerinnen und Rentnern ist das ein winziger Anteil von weniger als einem Prozent. Ebenso klein ist der Rentenanteil dieser Gutschriften: Im Mittel beträgt die Rente für die geleistete Betreuungsarbeit rund 130 Franken pro Jahr. Das zeigen Auswertungen des Bundesamts für Sozialversicherungen für SRF.

Barbara Gysi, Präsidentin der Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats, überraschen diese Zahlen. Denn vor allem Frauen leisteten viel Care-Arbeit, die nicht abgegolten wird. «Die Betreuungsgutschriften sollen zumindest ihre Renten verbessern, aber diese Massnahme greift nicht.» Das sei ein grosses Problem, offensichtlich seien die Hürden für die Gutschriften zu hoch.

Die hohen Hürden

Betreuungsgutschriften müssen betreuende Angehörige bei einer Ausgleichskasse beantragen, jedes Jahr aufs Neue. Berechtigt sind Angehörige, wenn sie erstens eine nah verwandte Person betreuen, die zweitens in der Nähe wohnt und drittens dauerhaft auf Unterstützung angewiesen ist.

Die Kriterien im Detail

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Als Verwandte gelten: Ehegattin/Ehegatte, Kinder, Eltern, Geschwister, Grosseltern, Urgrosseltern, Enkel, Schwiegereltern, Stiefkinder sowie der oder die Lebenspartner/in, der oder die mit der versicherten Person seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen im gleichen Haushalt lebt.

In der Nähe heisst: Während mindestens 180 Tagen im Jahr nicht mehr als 30 Kilometer auseinander oder länger als eine Stunde Fahrt voneinander entfernt wohnen. Bei Lebenspartnern muss die versicherte Person seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen im gleichen Haushalt leben.

Die Verwandten müssen dauerhaft auf Unterstützung angewiesen sein: Dies ist dann der Fall, wenn sie eine Hilflosenentschädigung (der AHV/IV/UV/Militärversicherung) beziehen. Die Hilflosenentschädigung ist eine Sozialleistung für Menschen, die im Alltag dauernd auf Hilfe Dritter, Pflege und persönliche Überwachung angewiesen sind. Wer also für alltägliche Lebensverrichtungen – aufstehen, sich setzen, sich hinlegen, ankleiden, ausziehen, essen, Körperpflege, Toilette, Fortbewegung – auf Hilfe angewiesen ist, hat darauf Anspruch. «Dauernd» bedeutet bei der Hilflosenentschädigung, dass der Unterstützungsbedarf mindestens ein halbes Jahr andauern muss, bevor ein fragiler Mensch als hilflos gelten kann.

Jedes dieser Kriterien schliesst eine Personengruppe aus: zum Beispiel betreuende Angehörige, die eine Tante betreuen, jene Söhne, die zweimal pro Woche anreisen, und alle, deren fragile Angehörige keine Hilflosenentschädigung erhalten. Rentnerinnen, die ihre Partner betreuen, können zudem ihre Rente nicht mehr mit Gutschriften aufstocken.

Zum Vergleich: Erziehungsgutschriften der AHV – das Pendant für die Kinderbetreuung – erhalten alle sorgeberechtigten Eltern für die Jahre, in denen ihre Kinder jünger als 16 sind. Ohne Antrag und ohne Distanznachweis.

Den jährlichen Antrag und die Kriterien sieht auch das Bundesamt für Sozialversicherung als Hürden für den Bezug von Betreuungsgutschriften. Das Amt weist aber darauf hin, dass die Kriterien seit der Einführung der Gutschriften 1997 mehrfach ausgeweitet worden seien. Der Bundesrat unterstützt aber einen Antrag aus dem Parlament, die Kriterien weiter zu lockern.

Betreuungsgutschriften sind kaum bekannt

Eine weitere Hürde ist, dass nur wenige überhaupt wissen, dass es Betreuungsgutschriften gibt. SP-Nationalrätin Barbara Gysi fordert darum: «Die Betreuungsgutschriften müssen bekannter werden, damit sie auch beansprucht werden.»

Frau betreut älteren Herrn.
Legende: Betreuungsarbeit übernehmen noch immer vor allem Frauen. Keystone/Jean-Christophe Bott

Verschiedene Organisationen, die mit älteren Menschen und Angehörigen arbeiten, bestätigen: Die Betreuungsgutschriften sind kaum bekannt und in Beratungsgesprächen in der Regel kein Thema. Peter Burri Follath von Pro Senectute Schweiz sagt: «Bei uns ist die Betreuung ein Thema, aber die Gutschriften praktisch gar nicht.»

Gutschriften für die Altersrente sind im Vergleich zu Finanzierungsfragen der Pflege und Betreuung weniger akut. Pro Senectute würde schon helfen, wenn Angehörige danach fragten, sagt Burri Follath, aktiv informiert Pro Senectute aber nicht.

Die Rolle der Ausgleichskassen

Aktiver informieren könnten auch die Ausgleichskassen, bei denen betreuende Angehörige jährlich einen Antrag für die Gutschriften stellen müssen. Sie sind verpflichtet, die versicherten Personen über ihre Rechte und Pflichten zu informieren. In der Praxis heisst das in der Regel: Sie geben telefonisch Auskunft und informieren auf ihren Websites.

Aber wirklich aktiv scheint niemand auf mögliche Anspruchsberechtigte zuzugehen.

Zusatzinformationen zu den Betreuungsgutschriften

Rendez-vous, 13.10.2025, 12:30 Uhr;brus

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