Wer in sein Gesicht schaut, kann seinen berühmten Vater darin erkennen. Ihm und seiner Mutter verdankt David Dimitri seinen Werdegang, seine Werte und das Balancieren durchs Leben.
Ordnung ist das halbe Leben
Der Hochseilartist David Dimitri (62) tingelt seit rund 20 Jahren mit seinem Einmann-Zirkus durch die Welt. Für das Equipment ist er allein verantwortlich. Er kennt jedes einzelne der abertausend Teile und Schräubchen in seinem Gepäck. «Im beruflichen Bereich ordne ich meine Sachen minutiös», sagt der Künstler. «Das heisst nicht, dass das für alle Menschen nach Ordnung aussieht», meint er lachend.
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Bild 1 von 8. Zur Eröffnung des sanierten Rathauses balanciert David Dimitri 2007 bei seinem 150 Meter langen Hochseilakt über dem Bahnhofplatz in St. Gallen. Bildquelle: Keystone/Regina Kühne.
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Bild 2 von 8. Naomi gratuliert ihrem Vater David Dimitri (l.). Sohn Robin (r.) freut sich mit nach David Dimitris Hochseilakt über dem Bahnhofplatz von St. Gallen. Bildquelle: Keystone/Regina Kühne.
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Bild 3 von 8. David Dimitri hat nur sich, wenn er mit seinem Lastwagen und seinem Zelt in der Welt herumtourt. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 4 von 8. Hier balanciert David Dimitri in Athen über das Hochseil. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 5 von 8. Abgeschieden im Fex-Tal. David Dimitri stellt sein Zelt selber auf und kennt jedes Zeil und jedes Schräubchen. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 6 von 8. Istanbul von oben. «l'Homme Cirque» in der Türkei. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 7 von 8. Nantes Frankreich – David Dimitri bestreitet das ganze Programm allein. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 8 von 8. Artistik auf dem Holzpferd. Bildquelle: zVg David Dimitri.
Bevor er mit seinem Zirkus «l'Homme Cirque» allein loszog, hatte David Dimitri Engagements bei den Grossen, etwa beim «Cirque du Soleil» oder im «Knie». «Da macht man meist ein kleines ‹Nümmerchen› in einem Programm».
Mit dem Background seines Vaters, der seine eigene Show hatte, dachte David Dimitri: «Ich muss etwas Eigenes haben. Etwas, das mir gehört und wo ich selber bestimmen kann.» So ist «l'Homme Cirque» entstanden. Obschon die Vorstellung so heisst, sei er der «l'Homme Cirque».
So viele junge und motivierte Künstler kommen auf mich zu und sind fasziniert von der Idee.
Ein Zirkusmann, der durch die Welt reist und alles selber macht. Sich aus einer Kanone schiessen zu lassen oder balancierend auf dem Hochseil zu laufen, sei spannend und gut. Viel wichtiger ist David Dimitri der Kontakt mit dem Publikum. «Dieser Kontakt, den ich mit der Show herstellen kann, ist etwas Einmaliges», meint er.
Zirkus kennt keine Altersgrenze
Als Artisten-Opa in der Zirkus-Community sieht sich David Dimitri nicht. Junge Artisten sind wunderbare Leute, schwärmt er. «So viele junge und motivierte Künstler kommen auf mich zu und sind fasziniert von der Idee». Dabei sei sein Alter kein Thema. Vielleicht träumen sie auch von so etwas.
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Bild 1 von 11. David Dimitri als kleiner Junge mit seinem legendären Vater. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 2 von 11. David Dimitri 1967 im Theater seines Vaters im Tessin. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 3 von 11. Ganz nach dem Vorbild des Vaters (r.). David Dimitri, dritter von links. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 4 von 11. Unterricht mit Bela Kremo und dem Vater. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 5 von 11. «Wenn es nicht jedes Mal klappt, bist du noch nicht gut genug», sagt David Dimitri über seine Anfänge als Artist. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 6 von 11. David Dimitri mit Akordeon. Auftritt im Zirkus Knie. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 7 von 11. Auftritt im Zirkus Knie 1977. Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich/Bildarchiv.
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Bild 8 von 11. David Dimitri hat einen Bruder, einen Halbbruder und zwei Schwestern. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 9 von 11. Clown Dimitri (m.) mit seiner Frau Gunda und seinem Sohn David 1995 am Filmfestival in Locarno. Bildquelle: Keystone/Str.
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Bild 10 von 11. «Die Zeit, die wir mit meinem Papa im Studio und den Instrumenten verbringen durften, war für mich prägend», sagt David Dimitri. Bildquelle: zVg David Dimitri.
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Bild 11 von 11. David Dimitri mit Mutter Gunda kurz vor ihrem Tod 2020. Bildquelle: zVg David Dimitri.
David Dimitri machte früh Bekanntschaft mit dem Zirkusleben. Sein Vater ist mehrmals im Nationalzirkus aufgetreten. David Dimitri reiste als Siebenjähriger im Zirkus Knie mit und hatte seine ersten Auftritte. Freddy Knie habe ihn auf einen Sulkywagen mit einem eingespannten Pony gesetzt. Er sagte: «Los! Und ich hatte Panik». David Dimitri erinnert sich an strenge Artisten aus Italien, die ihn in Akrobatik unterrichtet haben. Damals noch mit der Peitsche. Es habe etwas gezwickt. Einen Schaden habe er nicht davongetragen.
Ich habe auch nichts verpasst und bin der grösste Glückspilz, den es gibt.
Unsere Eltern waren offen für alles und haben uns immer gefördert, was nicht selbstverständlich ist. «Geh ‹Seiltänzeln› hat die Mutter gesagt. Geh nach Budapest und lerne dort, wie man Zirkusartist wird».
So kam David Dimitri als 14-Jähriger in die Zirkusschule nach Budapest. Damals war Ungarn noch im Osten, hinter dem Eisernen Vorhang, was die Distanz zu den Eltern noch grösser erscheinen liess. «Ich habe das Zuhause extrem vermisst», sagt er.
Ein wunderbares Leben
«Ich ging immer zur Schule, habe den ganzen Tag trainiert und danach realisierst du, dass die Kleider gewaschen werden sollten und du etwa zu essen brauchst». Mit 14 ist das etwas krass. Aber das habe er erst im Rückblick realisiert. Er hätte so einen Drive gehabt und sei so motiviert und fokussiert gewesen, dass ihn das nicht gestört habe. «Ich habe auch nichts verpasst und bin der grösste Glückspilz, den es gibt.»
«Ich hatte ein wunderbares Leben, eine wunderbare Jugend, mit meinen Eltern, den vielen Künstlern und dem Theater.» Ein Erbe seines Vaters, das er zusammen mit seinen Geschwistern weiterführt. «Mein ganzes Leben ist so vielfältig und farbig». So soll es auch weitergehen.