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Schweizer Wein in der Krise Alkoholfreier Wein – ein langer Weg zur echten Alternative

An den grossen Herbstmessen wie dem Weinfestival Basel und der Expovina Zürich präsentieren Winzerinnen und Winzer ihre besten Tropfen. Doch die Schweizer Weinbranche kämpft mit sinkendem Konsum, vor allem junge Menschen greifen seltener zum Glas. Winzer Urs Jauslin erklärt, wie die Branche reagiert und ob alkoholfreier Wein die Lösung sein könnte.

Urs Jauslin

Winzer und Vizepräsident des Deutschschweizer Weinbauverbands

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Der Winzer aus Maisprach BL führt seinen Familienbetrieb in vierter Generation. Er ist Vizepräsident des Verbands Weinproduzenten Region Basel–Solothurn und des Deutschschweizer Weinbauverbands.

SRF: Der Weinkonsum in der Schweiz ist im letzten Jahr stark gesunken, vor allem bei jungen Leuten. Wie spüren Sie das?

Urs Jauslin: Die Situation ist herausfordernd, und das nicht nur in der Schweiz. Wir versuchen, nachhaltiger zu produzieren, neue ökologische Wege zu gehen und innovative Geschmacksrichtungen zu entwickeln.

Weinbau ist immer auch Kultur, er prägt Landschaften, schafft Lebensräume und trägt dazu bei, CO₂ im Boden zu speichern. Das macht ihn ökologisch und gesellschaftlich wertvoll.

Wie reagiert die Branche auf diesen Trend?

Der Anteil des Schweizer Weins am Gesamtkonsum liegt bei rund einem Drittel. Wenn wir diesen Anteil nur leicht erhöhen könnten, wäre das bereits ein Erfolg. Wir möchten die Kundinnen und Kunden stärker auf die Vorteile von Schweizer Wein aufmerksam machen: kurze Transportwege, regionale Produktion, nachhaltige Qualität und Menschen, die mit Leidenschaft hinter dem Produkt stehen.

Sie sprechen von Emotionen. Wie wichtig ist das für den Verkauf?

Sehr wichtig. Menschen wollen wissen, woher ihr Produkt stammt. Wenn man den Winzer, die Reben und die Landschaft kennt, entsteht eine persönliche Beziehung.

Schweizer Wein ist mehr als ein Getränk, es ist ein Stück Heimat, eine Geschichte, die man mit jedem Glas miterlebt.

Das schafft Vertrauen und Identifikation. Schweizer Wein ist mehr als ein Getränk, es ist ein Stück Heimat, eine Geschichte, die man mit jedem Glas miterlebt.

Junge Menschen trinken generell weniger Alkohol. Ist alkoholfreier Wein eine Option?

Das ist noch ein langer Weg. Technisch ist es anspruchsvoll, weil Alkohol ein wichtiger Aromaträger ist. Wenn man ihn entfernt, verliert der Wein an Tiefe und Komplexität. Viele versuchen, das mit Zucker auszugleichen, doch das ist gesundheitlich nicht ideal. Einige Betriebe investieren bereits in neue Anlagen, um bessere Verfahren zu entwickeln. Ich bin überzeugt, dass wir in zwei oder drei Jahren deutlich weiter sein werden.

Wie stehen traditionelle Winzerinnen und Winzer zu solchen Experimenten?

Viele bleiben der Tradition treu, was absolut richtig ist. Weinbau lebt von seiner Geschichte, von handwerklichem Können und von der Romantik rund um den Rebberg. Gleichzeitig braucht es Offenheit und Innovation. Ich persönlich probiere gern Neues aus und suche den Austausch mit anderen Winzern. Nur wenn wir bereit sind, uns weiterzuentwickeln, bleibt die Branche lebendig.

Wie blicken Sie in die Zukunft des Schweizer Weins?

Mit Zuversicht. Schweizer Wein bleibt ein besonderes Erlebnis, weil er ehrlich, regional und authentisch ist. Vielleicht wird künftig weniger getrunken, dafür bewusster. Wer sich für Schweizer Wein entscheidet, wählt Qualität und Nähe statt Masse. Diese Entwicklung kann uns am Ende sogar stärken.

Das Gespräch führte Sandra Schiess.

Radio SRF 1, 28.10.2025, 7:10 Uhr

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