«Es gibt ein Zimmer pro Familie, manchmal teilen sich sogar mehrere Familien einen Raum», sagt Lara Künzler von «Save the Children». Ein eigenes Zimmer, davon können Kinder in Asylunterkünften nur träumen. Der Alltag der Kinder ist von Platzmangel und Stress geprägt, Rückzugsorte und Platz zum Spielen fehlen.
Hier setzt das Projekt «kinderfreundliche Räume» von «Save the Children» an. Ziel ist es, in Asylunterkünften geschützte Spiel- und Aufenthaltsräume für Kinder zu schaffen.
Die Kinderrechtsorganisation hat schweizweit bereits über 60 solcher Spielzimmer eingerichtet, unter anderem in der Kollektivunterkunft Tiefenau in Bern.
Was Kinder wirklich brauchen
«Angefangen haben wir mit einem Workshop mit Kindern, die hier leben. Wir haben sie spielerisch gefragt, was sie sich wünschen», sagt Künzler, die für «Save the Children» für das Projekt verantwortlich ist.
Wo geflüchtete Kinder spielen können
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Bild 1 von 6. Die Kinderrechtsorganisation «Save the Children» hat in der Kollektivunterkunft Tiefenau in Bern einen kinderfreundlichen Raum eingerichtet. In der ganzen Schweiz gibt es rund 60 davon. Bildquelle: SRF/Lisa Wickart.
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Bild 2 von 6. Hier können Kinder spielen und Ruhe finden. Bildquelle: SRF/Lisa Wickart.
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Bild 3 von 6. Das Angebot ist bei den Kindern beliebt, bestätigt die Heilsarmee, die die Kollektivunterkunft betreibt. Bildquelle: SRF/Lisa Wickart.
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Bild 4 von 6. Drei Mal pro Woche dürfen die Kinder in den Raum. Zwei Fachpersonen sind jeweils dabei, betreuen die Kinder und leiten sie an beim Spielen. Bildquelle: SRF/Lisa Wickart.
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Bild 5 von 6. In der Kollektivunterkunft Tiefenau leben rund 100 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Bildquelle: SRF/Lisa Wickart.
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Bild 6 von 6. Die Kollektivunterkunft Tiefenau befindet sich im ehemaligen Spital Tiefenau in Bern und wurde als grösste Kollektivunterkunft im Kanton Bern aufgebaut. Bildquelle: SRF/Lisa Wickart.
Die Kinder wünschten sich unter anderem Möglichkeiten zum Malen und Kneten, aber auch Platz für Bewegung. Fussballspielen stand bei vielen ganz oben auf der Wunschliste. «Geflüchtete Kinder haben oft einen starken Bewegungsdrang. Umso schöner ist es, dass es hier einen Bewegungsraum mit Matten, Rollen und Bällen gibt», sagt Künzler. Eingerichtet wurde der Raum vom Möbelhaus Ikea, das das Projekt als Partner unterstützt hat.
Platz für Bewegung und Ruhe
Der kinderfreundliche Raum ist in mehrere Nischen unterteilt: ein Sofa zum Ausruhen, eine Staffelei zum Malen, Matten zum Turnen, eine Holzküche zum Spielen. Regale und Boxen mit Büchern und Spielsachen sind im Raum verteilt.
Zaynab und Aisha, die mit ihrer Familie aus Afghanistan geflüchtet sind, kommen besonders gerne hierher. Die siebenjährige Zaynab liebt Seilspringen. Ihre zehnjährige Schwester Aisha zeichnet besonders gerne. Vor kurzem hat sie zusammen mit Freundinnen einen grossen Tannenbaum mit Wasserfarben gemalt und im Spielzimmer aufgehängt.
Grosser Andrang im Spielzimmer
Die Heilsarmee bestätigt, dass das Angebot gut ankommt. «Die Kinder fragen mich täglich, wann sie endlich wieder ins Spielzimmer können», sagt Steve Frei, soziokultureller Animator bei der Heilsarmee. Die Organisation betriebt die Kollektivunterkunft im Auftrag der Stadt Bern.
Drei Mal pro Woche dürfen die Kinder in den Raum. Zwei Fachpersonen sind jeweils dabei, betreuen die Kinder und leiten sie beim Spielen an.
Wo Kindheit zu kurz kommt
2024 wurden in der Schweiz 27’740 neue Asylgesuche gestellt, 11’469 davon von Kindern, rund 41 Prozent.
Dieser hohe Anteil entspricht dem Durchschnitt der letzten Jahre. Dennoch bleiben Kinder im Asylsystem oft unsichtbar. «Kollektivunterkünfte sind nicht auf die Bedürfnisse von Kindern ausgerichtet», sagt Künzler.
Spielen ist in Kinderrecht
Viele geflüchtete Kinder waren Monate oder Jahre unterwegs, bevor sie in der Schweiz ankamen. Ein stabiles Zuhause und ein geregelter Alltag fehlten ihnen lange. Umso wichtiger seien feste Strukturen nach der Ankunft: Schule, Freizeitangebote und Orte zum Spielen geben Sicherheit und Halt.
Spielen ist dabei nicht nur ein Bedürfnis, sondern ein Kinderrecht, verankert in der UN-Kinderrechtskonvention. Kinderfreundliche Räume helfen geflüchteten Kindern, zur Ruhe zu kommen, Erlebnisse zu verarbeiten und ein Stück Normalität zurückzugewinnen.