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Club Nahost-Experte Erich Gysling über Reisen in Zeiten des Terrors

Erich Gysling ist als Journalist spezialisiert auf die Regionen Mittelost und Afrika. Gleichzeitig ist er als Reiseleiter für «Background Tours» tätig. Von Reisen in gewisse Regionen der Türkei rät er im Moment eher ab. Einige seien zu regelrechten Kriegsschauplätzen geworden.

Erich Gysling, würden Sie in die Türkei reisen?

Kommt darauf an, wohin. Derzeit nicht in den Osten und Südosten des Landes. Von Kurden bewohnte Regionen sind zu Kriegsschauplätzen geworden. Nach Istanbul - vielleicht, aber nicht relaxed.

Erich Gysling, Nahostexperte und Reiseleiter.
Legende: Erich Gysling, Nahostexperte und Reiseleiter. Keystone

Warum steht die Türkei schon seit längerem so im Fokus der Terroristen?

Die Türkei steckt in einem Zweifronten-Konflikt: gegen die kurdische PKK und deren Miliz - und gegen den IS, den so genannten Islamischen Staat. Hauptfeinde Erdogans sind die Kurden. Ins Visier von IS gerieten Erdogan und sein Regime, weil die Mehrheit der Luftangriffe der USA, Frankreichs, etc. vom türkischen Incirlik aus geflogen werden. Also erklärt der IS die Türkei für schuldig. Zu all dem hinzu kommt die exponierte geografische Lage.

Einige der beliebtesten Feriendestinationen – Südtürkei oder Ägypten zum Beispiel – leiden sehr unter der Terrorgefahr: Soll man trotzdem hinreisen um die örtliche Wirtschaft nicht zu gefährden und den Terroristen damit auch eine Form von «Paroli» zu bieten?

Es wäre wohl sehr anmassend, von Ferienmenschen aus Solidarität Reisen in Risikogebiete zu verlangen. Ich meine, die Verantwortung für die Normalisierung der Lage liegt bei den betreffenden Ländern selbst. Sie müssen den Terroristen Paroli bieten, nicht die Touristen aus Europa oder anderen Weltregionen.

Sie leiten auch selber Reisen, sind persönlich sehr häufig unterwegs: Wie schützen Sie sich und die Reiseteilnehmer?

Ich analysiere die Lage vor allem aufgrund journalistischer Kriterien. Kürzlich war ich in Armenien und Aserbaidschan - obschon die beiden Staaten wenige Wochen vorher wieder eine blutige Auseinandersetzung in der Region von Nagorni-Karabach hatten. Einige Unternehmen sagten daraufhin Reisen nach Armenien und überhaupt in den Kaukasus ab – aber wenn man die Lage nüchtern beurteilte, konnte man leicht schlussfolgern: Auf das Gebiet Armeniens wird sich der Konflikt nicht ausdehnen. Auch nicht auf weitere Regionen Aserbaidschans. Und die Reise verlief auch problemlos.

Ein Blick in die Zukunft: Wird die Welt für uns Reisende immer unsicherer?

Es gibt tatsächlich immer mehr Regionen, die man nicht mehr bereisen kann. Syrien, Libyen, Jemen, Mali, Mauretanien beispielsweise. Es gibt andere, die problemlos sind. Im Mittleren Osten Iran, vorläufig auch Jordanien, Oman, Marokko. Also: die Reisemöglichkeiten grenzten sich in den letzten Jahren ein. Aber dann gibt es auch Länder, die wieder problemfreier werden: etwa Kolumbien. Die Freiräume verschieben sich auch, sie werden nicht immer enger.

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