Darum geht es: Das Plenty-Haushaltpapier sei «kompostierbar», so steht es auf der Verpackung. Die Tücher könnten «über den Heimkompost oder über die Biotonne entsorgt werden». Ähnliche Aussagen finden sich auch auf der Webseite der Produzentin. Von «zertifizierter Kompostierbarkeit» ist die Rede. Die Stiftung für Konsumentenschutz hatte gegen diese Aussagen zwei Beschwerden bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) eingereicht. Es handle sich um Greenwashing, Plenty täusche Konsumentinnen und Konsumenten. Die Lauterkeitskommission hat die Beschwerden nun gutgeheissen – die Werbung von Plenty sei «irreführend und damit unlauter».
Warum ist das unlauter? Der Konsumentenschutz argumentierte in seinen Beschwerden, dass in der Schweiz Haushaltpapier grossmehrheitlich mit grossem Aufwand aussortiert werden müsse. Es bestehe unter anderem die Gefahr, dass Haushaltspapier mit Chemikalien verunreinigt sei, beispielsweise mit Putzmitteln. Der Dachverband der Biogas- und Kompostieranlagen, Biomasse Suisse, bestätigte dies gegenüber SRF. Haushaltspapier – egal ob kompostierbar oder nicht – wolle man «ganz sicher nicht in unseren Anlagen».
Das sagt die Lauterkeitskommission: In ihren Entscheiden nimmt die SLK Bezug auf die Herausforderungen der Verwertungsanlagen. So sei es in der Schweiz nicht die Regel, sondern die Ausnahme, dass Haushaltpapier in der Grüntonne entsorgt werden könne. Im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» sagt SLK-Präsident und Mitte-Nationalrat Philipp Kutter: «Auf dem Produkt wird pauschal gesagt, die Tücher könnten über die Grünabfuhr entsorgt werden – und das Kleingedruckte zeigt dann, dass das in vielen Fällen eben doch nicht so ist. Das ist ein zu grosser Widerspruch.» Der Sternverweis sei in diesem Fall ungenügend. Man könne nicht auf einem Produkt etwas versprechen, das man im Kleingedruckten so stark relativiere. Die SLK empfiehlt der Herstellerin, in unmittelbarer Nähe der Werbeaussagen klarer zu kommunizieren, dass die Kompostierbarkeit in der Schweiz via Grünabfuhr eingeschränkt sein kann.
So reagiert die Herstellerin: Das schwedische Unternehmen Essity, dass das Plenty-Haushaltpapier herstellt, schreibt auf Anfrage von SRF, man nehme «die Bedenken» der Lauterkeitskommission auf und evaluiere, «wie wir den Hinweis auf mögliche lokale Einschränkungen bei der Grünabfuhr noch sichtbarer kommunizieren können». Zufrieden zeigt sich Essity darüber, dass die Lauterkeitskommission nicht die Bewerbung der Kompostierbarkeit an sich beanstandet hat. Das Papier sei nachweislich sowohl im Heimkompost, wie auch industriell kompostierbar.
Und was sagen die Konsumentenschützer? Die Stiftung für Konsumentenschutz, deren Beschwerden nun gutgeheissen worden sind, ist zufrieden mit den Entscheiden der Lauterkeitskommission. Jan Liechti, stellvertretender Leiter des Bereichs Recht beim Konsumentenschutz, sieht darin vor allem ein Zeichen für andere Hersteller: «Es zeigt, dass die Verantwortung bei den Anbietern und Herstellerinnen liegt – und nicht bei den Konsumentinnen und Konsumenten.» Plenty sei nun in der Pflicht, transparent darüber zu informieren, wie und unter welchen Bedingungen die Tücher kompostiert werden könnten. Ändere sich nichts, gebe es zivil- und strafrechtliche Möglichkeiten, gegen Plenty vorzugehen.