Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

IV-Rente Ein Fehler der Behörden kostet IV-Rentnerin 20'000 Franken

Einer IV-Rentnerin entgeht wegen eines Fehlers der Sozialversicherungsanstalt (SVA) Zürich viel Geld. Beinahe 10 Jahre lang bekam sie eine zu tiefe Rente. Die SVA lehnt die vollständige Nachzahlung ab – mit Verweis auf die Verjährungsfrist.

Seit 25 Jahren lebt Sandra F. mit Rückenschmerzen, deshalb erhält sie eine IV-Rente. Nach einem Unfall und mehreren Operationen stabilisieren heute zahlreiche Schrauben ihre Wirbelsäule. Damit hat sie sich arrangiert – nicht damit, dass die SVA bei ihr eine Rentennachzahlung ablehnt. Sie sagt: «Ich habe alles richtig gemacht und trotzdem werde ich jetzt abgestraft».

Versäumnis hat Folgen

Es beginnt mit der Scheidung Ende 2015, Sandra F. meldet den neuen Zivilstand der Invalidenversicherung (IV) sowie der SVA. Doch die IV-Stelle des Kantons Thurgau, dem Wohnkanton von Sandra F. versäumt es, die Änderung korrekt zu erfassen und die SVA zu informieren. Als Sandra F.  ein Jahr später bei der SVA per Mail nachdoppelt, passiert nichts. So erhält Sandra F. beinahe 10 Jahre lang eine zu tiefe IV-Rente.

Verjährung statt volle Nachzahlung

Anfangs 2025 merkt es die SVA und schickt Sandra F. im Juli eine neue Verfügung. Es heisst, ihre Rente falle rückwirkend höher aus, allerdings zahle die SVA nur die letzten fünf Jahre zurück, mit Verweis auf die gesetzliche Verjährungsfrist von fünf Jahren.

Für Sandra F. bedeutet das: Sie erhält 24'319 Franken ausbezahlt, schätzungsweise 20 000 Franken entgehen ihr. Es heisst, der Anspruch auf ältere Beiträge sei verwirkt.

Die SVA Zürich stützt sich dabei auf die Verjährungsfrist von fünf Jahren. Doch Kaspar Gehring, Anwalt spezialisiert auf Haftpflicht- und Versicherungsrecht zweifelt, ob das gerechtfertigt sei. Er kritisiert: «Die beiden Sicherheitsmechanismen, die Betroffene schützen sollen – die Beratungspflicht und die Pflicht der IV und SVA, Leistungsansprüche abzuklären – haben hier versagt.»

Sandra F. habe ihre Scheidung fristgerecht gemeldet, doch die SVA und IV hätten diese Information nicht weiterverarbeitet. «Der Fehler liegt bei der IV und SVA, nicht bei der Betroffenen», sagt Gehring.

SVA und IV räumen Fehler ein

Beide Stellen räumen Fehler ein. Die IV-Stelle Thurgau bestätigt, die Scheidung sei 2016 gemeldet worden, aber der neue Zivilstand nicht erfasst und weitergeleitet worden. Die SVA Zürich spricht von einem «Bearbeitungsfehler». Die Sprecherin der SVA Zürich, Daniela Aloisi, bedauert den Fehler: «Die Scheidungsmeldung ist nicht verarbeitet worden.»

Gegen die Verfügung hat Sandra F. keine Beschwerde eingelegt. Sie sagt, sie habe nicht gewusst, wie sie sich dagegen hätte wehren sollen: «Ich habe keine Ahnung gehabt, dass eine Scheidung eine höhere Rente zur Folge hat.»

Stellungnahme der IV-Stelle Frauenfeld

Box aufklappen Box zuklappen

Die IV-Stelle Frauenfeld, schreibt «Kassensturz» in einer Stellungnahme: «Die Scheidung wurde uns von der Versicherten 2016 gemeldet. Die Namensänderung wurde im System erfasst, nicht aber der geänderte Zivilstand. Die Ausgleichskassen des Kantons Zürich wurde damals nicht über die Scheidung informiert, was wir bedauern.»

Pflicht der Behörden Betroffene fair zu behandeln

Staatsrechtsprofessor Markus Schefer erklärt, die Bundesverfassung verpflichte Behörden und Gerichte, Menschen zu beraten und fair zu behandeln. Bei Sozialversicherungen betreffe das vulnerable Menschen. Besonders für diese wäre es sinnvoll, die Entscheidungen mit einer verständlichen Begründung zu ergänzen.

Anwalt Gehring kritisiert, dass die SVA von einer Verjährungsfrist ab dem Juli 2025 ausgehen: «Ich sehe durchaus die Argumentation, dass man sagen kann, Frau F. erhält die Rente bis an den Anfang zurück. Denn sie hat sich damals fristgerecht gemeldet.» Sandra F. zahlt einen hohen Preis für einen Verwaltungsfehler.

Sendehinweis

Box aufklappen Box zuklappen

Der ganze Beitrag ist heute Abend am 11. November 2025 ab 21:10 Uhr im «Kassensturz» auf Play SRF und SRF 1 zu sehen.

Espresso, 11.11.25, 8:10 Uhr

Meistgelesene Artikel