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Firmen-Videos in der Mittagspause?
Aus Espresso vom 11.12.2014. Bild: Colourbox
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Arbeitsrecht Firmen-Videos in der Mittagspause?

Der Chef eines Baumarktes zwingt seine Angestellten, während der Mittagspause fürs Internet produzierte Firmen-Werbespots anzuschauen. Einer seiner Mitarbeiter ist damit nicht einverstanden. «Habe ich nicht Anspruch auf eine normale Mittagspause?», möchte der Mann von «Espresso» wissen.

Ein «Espresso»-Hörer aus dem Kanton Solothurn will in seiner Mittagspause tun können, was er will. Doch damit soll nun Schluss sein: Die Angestellten sollen künftig drei bis vier Mal pro Jahr in ihrer Mittagszeit die Werbefilme des Unternehmens anschauen. Ein betriebsinternes Public Viewing, quasi.

Der Angestellte will seine Ruhe in der Mittagspause

Damit ist der Angestellte eines Baumarktes nicht einverstanden. Doch der Chef bleibt stur. Weil diese Vorführungen nur drei bis vier Mal pro Jahr stattfänden, dürfe er sie in die Mittagspause legen. «Ist das zulässig?», schreibt der Angestellte «Espresso». «Oder hab ich Anrecht auf eine normale Mittagspause?»

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Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten.

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Angestellte haben Anrecht auf Pausen, damit sie sich von der Arbeit erholen und sich verpflegen können. Geregelt sind die Pausen im Arbeitsgesetz (ArG) und in den dazugehörenden Verordnungen.

Pausen im Sitzungszimmer gelten als Arbeitszeit

Pausen gelten als bezahlte Arbeitszeit, wenn Angestellte ihren Arbeitsplatz nicht verlassen dürfen. Als Arbeitsplatz gilt hier jedoch nicht nur das Pult oder die Werkbank, sondern jeder Ort im Betrieb oder ausserhalb, an dem sich ein Angestellter zur Erledigung seiner Aufgaben aufhält.

Müssen nun Angestellte ihre Pause in einem Sitzungszimmer verbringen und dort Firmenvideos anschauen, so gelten diese als Arbeitszeit und müssen bezahlt werden.

Anders, wenn die Angestellten Pausen nur in speziellen Pausenräumen verbringen dürfen. In einer solchen Zeit muss ein Angestellter nicht die gleichen Gestaltungs- und Bewegungsfreiheiten haben, wie in seiner Freizeit, entschied das Bundesgericht. Im konkreten Fall ging es um eine am Flughafen angestellte Kassiererin. Sie verlangte erfolglos die Bezahlung ihrer Pausen, weil sie diese im Flughafengebäude verbringen musste.

Für den im Baumarkt angestellten «Espresso»-Hörer bedeutet das: Sein Chef kann verlangen, dass er seine Mittagspause im Sitzungszimmer mit dem Anschauen der Firmenvideos verbringt – er muss ihm diese Zeit aber bezahlen. Einen Anspruch, die Mittagszeit ganz nach seinen Wünschen gestalten zu können, hat der Hörer aber nicht.

Wie lange dauert eine Pause mindestens?

Die Dauer der Pause hängt laut Arbeitsgesetz von der Dauer der Arbeitszeit ab. Konkret:

  • Beträgt die Arbeitszeit mehr als 5 ½ Stunden, haben Angestellte Anspruch auf eine Pause von einer Viertelstunde
  • Beträgt die Arbeitszeit mehr als 7 Stunden, gibt es eine halbe Stunde Pause
  • Beträgt die Arbeitszeit mehr als 9 Stunden, mindestens eine Stunde Pause

Pausen müssen grundsätzlich in der Mitte der Arbeitszeit gewährt werden. Es geht also nicht an, dass zum Beispiel ein Filialleiter seine Verkäufer bereits um 10.30 Uhr in die Mittagspause schickt, wenn sie um 9 Uhr angefangen haben und bis 19 Uhr bleiben müssen.

Die Hauptpause um die Mitte der Arbeitszeit muss mindestens eine halbe Stunde betragen. Entsteht vor oder nach einer Pause ein Arbeitseinsatz von mehr als fünfeinhalb Stunden, so muss der Arbeitgeber in diesem Zeitraum eine zusätzliche Pause gewähren.

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