Sie schweben nachts über der Grenze, suchen mit Wärmebildkameras nach verdächtigen Fahrzeugen und Personen: Drohnen der Schweizer Armee. Rund 60 Einsätze fliegen die Drohnen des Typs Aerospace ADS-95 Ranger im Auftrag des Grenzwachtkorps (GWK) jährlich – doch Details dazu wurden bisher unter Verschluss gehalten.

SRF Data liegen Flugdaten der letzten zwei Jahre vor. Erstmals lässt sich damit zeigen, wie Drohnen zur Grenzsicherung eingesetzt werden – und gegen wen. Von den rund 325 Drohnen-Flügen fanden 127 Flüge an oder im 5-km-Umkreis der Schweizer Grenze statt.

Insgesamt waren die getrackten Drohnen über 550 Stunden in der Luft. Bei einem Preis von CHF 7300 pro Stunde ergibt das Gesamtkosten in Höhe von über 4 Mio. Franken für die letzten 25 Monate – gut 2 Mio. Franken pro Jahr. Das macht pro Flug durchschnittlich 13'000 Franken. Kosten, welche die Armee übernimmt.

Keine Flüge am Wochenende

Die Flüge finden fast ausschliesslich in der Nacht statt. Durch die Infrarotkameras können die Pilotenteams auch im Dunkeln Personen erkennen. Boden-Einsatztruppen des GWK übernehmen dann die Kontrolle der Verdächtigen und halten sie gegebenenfalls fest.

Um welche Zeit die Drohnen kreisen

Auch wenn ganzjährlich geflogen wird: Im Juli und August ist Hochphase an der Grenze. Bis zu 11 Einsätze pro Woche werden geflogen. Besonderer Fokus: die Grenzabschnitte um Chiasso TI, Buchs SG und Schaffhausen. Die Flugtermine werden am Anfang jedes Jahres festgelegt, können aber nach Bedarf erweitert werden. Die Einsätze erfolgten «risikobasiert und lageabhängig», schreibt das GWK. Gestartet wird vor allem von den Basen Payerne, Emmen und Locarno.

Auffällig sind auch die Wochentage: Sämtliche Drohnen-Einsätze des letzten Jahres starteten unter der Woche. An Wochenenden herrschte Stille über der Grenze. Das legt die Vermutung nahe, dass das GWK Sonntags keine Ressourcen für Drohnenflüge hat – ähnlich wie bei den Kampfjets.

Anzahl Flüge pro Tag seit April 2016

Gesucht: Kriminaltouristen. Gefunden: Flüchtlinge

Offiziell sollen die Drohnen hauptsächlich gegen «Kriminaltourismus» – Einbrecher, die nachts über die Grenze kommen - sowie Schlepper eingesetzt werden. Allerdings zeigen Zahlen des Grenzschutzes: Migranten gehen wesentlich öfter ins Netz von Kontrollen an der Grenze. Und die Zahlen steigen. 2016 hat das GWK rund 50‘000 Personen aufgrund von «rechtswidrigen Aufenthaltes» aufgegriffen. Das sind drei Mal so viel wie noch 2014 und rund zehn Mal so viel wie 2011.

2016 nahmen die Grenzwächter 303 Personen wegen «Verdacht auf Schleppertätigkeit» fest. 2011 waren es noch 114. In einem Bericht von 2016 argumentiert das GWK, dass der Anstieg der Aufgriffe mit einer Aufstockung des Personals zusammenhängt. Wie effizient der Einsatz der Drohnen ist, will das GWK aber nicht beziffern. Es hätten dank Drohnen «mehrmals Delinquenten gefasst werden» können, schreibt das GWK auf Anfrage.

Aufgriffe pro Jahr

Besonders viele Migrantinnen und Migranten, die illegal über die Grenze reisen, greift das GWK im Tessin auf. Im Sommer letzten Jahres waren es bis zu 2000 Personen pro Woche, mehrheitlich aus Eritrea, Guinea und Gambia. Die meisten kamen per Zug aus Italien, eine Minderheit zu Fuss. Der gezielte Einsatz der Drohnen macht klar: Der Grenzwache ist sehr genau bekannt, wo gerade der grösste Migrationsdruck herrscht - und wo deshalb illegale Grenzübertritte zu erwarten sind. Der Grenzwache gehe es vor allem darum, grenzüberschreitende Kriminalität und Schmuggel zu bekämpfen, schreibt das GWK: «Es geht um die innere Sicherheit der Schweiz.»

Aufgegriffene Flüchtlinge pro Woche nach Region

Spurlos verschwunden

Die Schweiz ist mit dem Ansatz nicht alleine. Auch andere Länder setzen Drohnen und andere militärische Mittel gegen illegale Migration ein. Die Grenzwachen von Spanien und Italien suchen damit nach Booten auf dem Mittelmeer, Österreich setzt punktuell Drohnen zur Grenze nach Ungarn ein.

In den nächsten Jahren sollen die Ranger-Drohnen von neuen Drohnen des Typs Hermes 900 aus Israel abgelöst werden. Auch sie sollen im gleichen zeitlichen Rahmen zur Grenzwache eingesetzt werden. Der Vorteil der 250 Mio. Franken teuren Drohnen: Sie sind weniger laut und technologisch auf dem neusten Stand. Damit können die Grenzwächter aus 9000 Metern Höhe mit hochauflösenden Kameras den Boden absuchen.

Auf «Flightradar24» sind inzwischen keine neuen Flüge zu finden. Wie die Armee gegenüber SRF bestätigt, wird die Übermittlung der Daten seit Mai ausgesetzt. Man wolle nicht, dass jeder ihre Flüge nachvollziehen könne.

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