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Keine 3 Minuten: «Transcendence»
Aus Kultur Extras vom 24.04.2014.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 49 Sekunden.
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Film & Serien Johnny Depps Wiederauferstehung als virtuelles Wesen

Was geschieht, wenn Computer ein Bewusstsein entwickeln? Verschwimmt dann die Grenze zwischen Mensch und Maschine? Ein Horrorszenario oder ein Segen? «Transcendence» versucht alte Science-Fiction-Fragen neu zu beleben – mit Johnny Depp als Mischwesen. Ein Computer-Mann: halb Denker, halb Rechner.

Unter dem theologischen Begriff «Transzendenz» wird gemeinhin das Überschreiten einer Erfahrungs- oder Bewusstseinsgrenze verstanden. Auf den ersten Blick führt der Filmtitel «Transcendence» daher in die Irre. Schliesslich geht es im Science-Fiction-Thriller nicht um Religion oder Spiritualität, sondern Computer-Technologie. Und bei Computern kann von Bewusstsein nicht die Rede sein – oder etwa doch?

Ein Computerraum ist im Bild. Dr. Caster ist auf einem Bildschirm zu sehen.
Legende: Haben Computer ein Bewusstsein? Ascot Elite

Genau diese Science-Fiction-Urfrage stellt «Transcendence». Mit Johnny Depp als Dr. Caster – einer Hauptfigur, die zwischen Held und Bösewicht hin- und herpendelt. Der führende Forscher im Gebiet der künstlichen Intelligenz wird von fanatischen Technik-Hassern umgebracht. Seine Frau rettet ihn, indem sie sein Bewusstsein in einen Supercomputer lädt. Das Ergebnis dieser Computer-Mensch-Verschmelzung ist faszinierend und furchterregend zugleich: Der körperlose Dr. Caster entpuppt sich nämlich als eine ebenso wissensdurstige wie machthungrige Maschine.

Das stärkste Zitat

«Können Sie denn beweisen, dass Sie sich Ihrer selbst bewusst sind?» Die schlagfertige Antwort von Dr. Casters lernfähigem Computer auf die Frage: «Kannst du mir beweisen, dass du deiner selbst bewusst bist?» Leider besitzen nur wenige Dialogzeilen so viel philosophisches Potential wie diese freche Gegenfrage. Die Macher des Films haben das wohl geahnt und sie gleich zweimal untergebracht. Nach seinem physischen Tod kontert der virtuelle Dr. Caster die Bewusstseins-Frage eines skeptischen Forscherkollegen mit exakt denselben Worten.

Fakten, die man wissen sollte

Johnny Depps Gage für «Transcendence» betrug laut dem «Hollywood Reporter» 20 Millionen Dollar – stattliche 15 Prozent des Film-Gesamtbudgets. Eine astronomische Summe. Vor allem wenn man bedenkt, dass mit Morgan Freeman, Rebecca Hall, Cillian Murphy und Paul Bettany auch andere Schauspielgrössen auf der Lohnliste standen. Doch wenn es ums Einkommen geht, befindet sich Johnny Depp in einer eigenen Liga. Den besten Beweis dafür liefert seine Lohnforderung für das fünfte «Pirates of the Carribbean»-Abenteuer: 100 Millionen Dollar. Ein Rekord.

Der Regisseur

Wally Pfisters Palmarès liest sich gut: Ein Oscar und drei weitere Nominierungen. Trotzdem ist sein Name nur Insidern bekannt. Der Grund ist einfach: Wally Pfister hat seine bisherigen Erfolge nicht als Hollywood-Regisseur, sondern als Christopher Nolans Stamm-Kameramann gesammelt. Seit «Memento» (USA 2000) hat Pfister sämtliche Filme des «Inception»-Regisseurs photographiert.

Wally Pfister im Porträt. Hinten das Filmplakat von «Transcendence»
Legende: Regisseur Wally Pfister sammelte seine Erfolge als Kameramann für Christopher Nolan. Reuters

Auch bei «Transcendence» haben Wally Pfister und Christopher Nolan zusammen gearbeitet. Nolan fungierte bei Pfisters Regiedebüt als ausführender Produzent, nachdem er lange selbst damit geliebäugelt hatte, den Film zu inszenieren. Schlussendlich entschied er sich aber für den Science-Fiction-Film «Interstellar», der diesen November in die Kinos kommen soll. Besonders deutlich spiegelt sich Nolans Einfluss auf «Transcendence» in der Besetzung wider: Morgan Freeman, Cillian Murphy und Rebecca Hall können fast schon als Nolans Stammpersonal bezeichnet werden.

Das Urteil

Im Grunde unterscheidet sich die Welt, in der «Transcendence» spielt, nur unwesentlich von unserer. Auch in unserem Alltag läuft kaum mehr etwas ohne Computer und auch in unserer Gesellschaft wächst der Widerstand gegen den technologischen Overkill. Und doch wirkt die Zukunft, die uns hier geboten wird, merkwürdig künstlich, die Handlung seltsam konstruiert, die Liebe der Hauptfiguren auffällig unecht.

Dem Science-Fiction-Thriller fehlt vieles, doch am schmerzlichsten vermisst man eine Haltung. «Transcendence» verspielt mit seiner Unentschlossenheit sein gesellschaftskritisches und philosophisches Potential. Über weite Strecken wärmt der Film bloss diffuse Ängste vor einer Weltherrschaft der Computer auf. Schade um die namhafte Besetzung.

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