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Gesellschaft & Religion Koksende Börsenhaie in Zürich: Was ist Fiktion und was Realität?

Das weisse Pulver soll auf Partys und als Fitmacher im Arbeitsalltag Wunder wirken. Filme wie «Wolf of Wallstreet» zementierten das Bild des koksenden Bankers. Was aber hat es mit dem Kokain und den Bankern tatsächlich auf sich? Eine Spurensuche zwischen Geld und Rausch.

Vier Herren im Anzug sitzen im Büro und schnupfen hinter verschlossener Glastür je eine Linie Koks. Auf einer Poolparty wird das weisse Pulver direkt vom Bauch der Prostituierten konsumiert und auch bei der nächtlichen Krisenbesprechung zu zweit ist Kokain treuer Begleiter der Börsenmakler. So zumindest im Film «Wolf of Wallstreet».

Sendungshinweis

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Sich selbst vergessen: Vom Reiz des Rausches: Sternstunde Philosophie, Donnerstag, 14.5., 11:00,

SRF 1.

Martin Scorsese inszeniert auf beeindruckende Weise die Geschichte eines kleinen Fischs, der an der Wallstreet das grosse Geld scheffelt und berauscht von Drogen schliesslich alles wieder verliert. Hollywood halt, könnte man meinen – stünde dahinter nicht die wahre Geschichte des amerikanischen Brokers Jordan Belfort.

Dieser geriet aufgrund seiner Drogenexzesse in die Schlagzeilen und wurde 1998 wegen Betrug und Geldwäsche verurteilt. Doch wie sieht die Realität heute bei uns in der Schweiz aus? Gibt es den koksenden Börsenhai, der sich im Drogenrausch profiliert?

So wirkt Kokain

Die illegale Substanz Kokain wirkt leistungssteigernd und löst euphorische Gefühle aus. Hemmungen fallen, das Selbstvertrauen wird gestärkt und die Risikobereitschaft nimmt zu. Auf der körperlichen Ebene hat der Konsum kurzfristig zur Folge, dass Hungergefühle, Müdigkeit oder Schmerzempfindungen unterdrückt werden.

Das klingt zunächst vielversprechend. Auf Dauer aber führt regelmässiger Kokainkonsum zu Konzentrationsproblemen und aggressivem, asozialem Verhalten. Es kann zu Herz-Kreislauf-Schädigungen und manchmal sogar zu Psychosen kommen. In Kombination mit Alkohol verstärkt sich zudem das toxische Cocaethylen, welches die schädlichen Nebenwirkungen unterstützt und besonders das Herz belastet.

Kokain und die Banker

Wie das Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung der Universität Zürich (ISGF) feststellt, wird Kokain aufgrund der eben beschriebenen positiven Wirkungen gerne als «Hirndoping» konsumiert.

Als Folge einer Sozialordnung, die auf Konkurrenz und Wachstum basiert und in welcher der Leistungsdruck zunehmend steigt, diene Kokain oft dem sogenannten Neuro-Enhancement. Koks taugt also nicht nur als Partydroge, sondern auch als Aufputschmittel im Arbeitsalltag.

Gerade im Business des schnellen Geldes, wo Gewinnerwartungen hoch und das Verlangen nach Profit allgegenwärtig sind, wird Kokain zur eigenen Leistungssteigerung konsumiert. Bis jetzt fehlt es aber an verlässlichen Langzeitstudien, die sowohl kurzfristige als auch längerfristige Einflüsse von Kokain auf die Leistungs(un)fähigkeit von Bankern aufzeigen.

Kokainkonsum in Zürich

Ein Blick ins Abwasser legt erstaunliche Fakten über den Kokainkonsum offen, besonders am Finanzstandort Zürich. Aufgrund von Kokainrückständen im Abwasser konnte man für 2014 feststellen, dass Zürich mit einem Konsum von 1,6 Kilogramm pro Tag Platz 3 im europäischen Vergleich belegt. Im Gegensatz zu Ecstasy, das vor allem am Wochenende im Abwasser vorkommt, weist Kokain relativ gleichmässig verteilt an allen Wochentagen Spuren auf.

Bei einem Marktwert von 80 bis 120 Franken pro Gramm ergibt das rund 160'000 Franken, die pro Tag in Zürich geschnupft, geraucht oder gespritzt werden. Das zeigt auch, dass eine starke Kaufkraft vorhanden sein muss, wenn jeweils geschätzte ein bis drei Gramm Kokain konsumiert werden. Die Frage jedoch, ob es sich dabei um Leute aus der Finanzbranche oder aus anderen Berufsgruppen handelt, ist noch nicht bestätigt. Hingegen konnte durch eine britische Studie festgestellt werden, dass bei riskanten Finanzgeschäften dieselben Hirnregionen getriggert werden wie beim Kokainkonsum – und beim Sex.

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