«Der Körper fasziniert. Wir leben in einer Zeit, in der man den Körper verschönert, trainiert, optimiert. Wir wollen zeigen, wie das im Mittelalter war», sagt die Kunsthistorikerin und Kuratorin Christine Keller zur Ausstellung «begehrt. umsorgt. gemartert.» Die Schau bietet viele Anknüpfungspunkte, um einem breiten Publikum ein Stück Mittelalter näherzubringen.
Körper im Mittelalter: Ganz schön erotisch
Der Rundgang beginnt eingängig mit Darstellungen von modischen Trends am Hof: Edle Damen warten in wallendem Gewand, mit blass geschminktem Teint und goldenen Haaren auf ehrerbietende Ritter. Diese kreuzen bald auf, in engen Beinkleidern und mit einer Schamkapsel über dem Gemächt.
Sie tragen schwingende Duftkugeln mit sich gegen allfälligen Schweissgeruch. Sie werben um die begehrte Frau und bringen ihre Schnabelschuhe in Stellung. Das ist mehr als ein modisches Statement: «Wenn es auf Gemälden und Kupferstichen um Liebespaare geht, dann spielt der Schnabelschuh als erotisches Symbol mit», sagt Christine Keller.
Im Garten der Lust
Erotische Motive finden sich in vielen bildlichen Darstellungen. Da geht es humorvoll, aber auch derb zur Sache. Die christliche Moralkeule schwingt häufig mit: Eitelkeit galt als Laster, Wollust als Todsünde. Auf den Genuss im Garten der Lust folgen nicht selten Höllenquallen.
Das Begehren wurde variantenreich verhandelt. Ein attraktiver Körper machte auch im Mittelalter etwas her. Adlige hatten mit Perücken, Puder und Parfum bessere Karten, Bäuerinnen und Handwerker mühten sich mit dem Läusekamm ab.
Gemeinsam war ihnen jedoch der reinigende Genuss in der Wanne und ein geselliges Treffen in einem öffentlichen Badehaus. Dieses kam allerdings im 16. Jahrhundert als Hotspot der Syphilis in Verruf.
Bei heiklen Krankheiten wussten Mönche Rat. Sie übersetzten medizinische Erkenntnisse aus dem arabischen Raum ins Lateinische und gaben das Wissen an andere Klöster weiter.
Kranke wurden danach mit pflanzlichen Extrakten und unter einem guten Stern therapiert. Aderlass und Schröpftöpfe sorgten für das Gleichgewicht der Körpersäfte. Dies alles half bei Pest und Typhus oder einer schweren Geburt jedoch kaum: Frauen erlebten das 40. Altersjahr meist nicht.
Geheimnisvolle Wundervölker
Wie die Ausstellung eindrücklich zeigt, gingen die Vorstellungen von Körperlichkeit im Mittelalter über den einzelnen Körper hinaus. Man malte sich ganze Völker mit andersartigen Wesen aus.
Diese hatten mal überdimensionierte Füsse, die vor Regen schützen, mal langgezogene Ohren, die in der Wüste Schatten spenden: Sogenannte «Wundervölker» beflügelten nicht nur die Fantasie, sondern wurden auf Weltkarten des 12. Jahrhunderts verortet, so Kuratorin Christine Keller: «Man schickte Handelsreisende und Pilger auf die Suche nach diesen Menschen. Aber selbstverständlich kam niemand mit Berichten von diesen Menschen zurück.»
Ob imaginiert, begehrt oder gemartert: Der Ausstellung im Landesmuseum gelingt eine vielfältige und überraschend leichtfüssige Schau darüber, wie Menschen im Mittelalter den Körper sahen.