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Musik Das späte Glück der talentierten Bettye LaVette

Ihre Karriere beginnt früh, mit 16 landet sie einen Hit. Doch die Plattenbosse glauben nicht an Bettye LaVette. Die Detroiter Sängerin hält sich mit Auftritten in Nachtclubs und Musicals über Wasser. Erst Jahrzehnte später bringt eine verschollen geglaubte Aufnahme die entscheidende Wende.

Zuerst sieht alles sehr vielversprechend aus. Bettye LaVette nimmt im zarten Alter von 16 Jahre ihren ersten Hit auf. «My Man – He’s a Loving Man» landet in den Top Ten und Bettye LaVette hat einen Plattenvertrag bei Atlantic Records in der Tasche.

Doch schon nach einem Jahr verlässt sie das Label wieder. Atlantic Records schwächelt Anfangs der 1960er-Jahre, und die junge und naive Bettye LaVette denkt, dass sie für Grösseres bestimmt sei. Rückblickend sieht sie diese Entscheidung als grössten Fehler ihres Lebens.

Eine andere junge Sängerin nimmt LaVettes Platz ein – eine gewisse Aretha Franklin. Mit Aretha Franklin und der aufkommenden 60er-Soul-Ära nehmen auch die Geschäfte von Atlantic Records wieder Fahrt auf. Bettye LaVette hätte theoretisch Teil dieses Aufschwungs sein können.

Hart arbeitende Musikerin

Bettye LaVette hat ihre Riesenchance verpasst, ein grosser Soulstar zu werden. Mit viel harter Arbeit kann sie aber einigermassen von der Musik leben. Sie ist sogar mit Grössen wie James Brown auf Tournee und nimmt in den 60ern und 70ern für verschiedenste Plattenfirmen Songs auf. Aber vor allem tritt sie viel live auf. Mit unzähligen Auftritten in Nachtclubs und Bars hält sie sich über Wasser.

1972 wagt sie mit einen weiteren Anlauf, mit einem Soloalbum den Durchbruch zu schaffen. Erneut arbeitet sie mit Atlantic Records zusammen und nimmt das Album «Child of the Seventies» auf. Doch aus unerfindlichen Gründen – Bettye LaVette sagt, sie wisse bis heute nicht warum – kommt es nicht zum Release, die Bänder bleiben unter Verschluss. Eine herbe Enttäuschung für sie und ein klares Zeichen dafür, dass die Bosse nicht an ihren Erfolg glauben.

Stepptanzen mit Cab Calloway

Die Soulsängerin behält aber den Kopf oben und sucht nach neuen Herausforderungen. Diese findet sie auf dem Broadway. Während sechs Jahren spielt sie in den 70ern im erfolgreichen Musical «Bubbling Brown Sugar» mit. Sie spielt dort eine Hauptrolle, gemeinsam mit dem grossen Entertainer Cab Calloway («Minnie the Moocher»).

Bettye LaVette lernt im Musical nicht nur eine neue Art der Performance, sondern lernt von Cab Calloway auch das Stepptanzen. Eine Erfahrung, auf die sie heute sehr stolz ist.

Während ihrer Broadway-Zeit legt sie ihre Plattenkarriere auf Eis. Als sie danach wieder ins Musikbusiness zurückkehrt, springt sie musikalisch auf den 70er-Jahre-Disco-Zug auf. Und in den 80ern wird sie die Nachfolgerin von Diana Ross beim Label Motown. Doch auch diesmal hält sich der Erfolg in Grenzen.

Ein wundersamer Fund

Bettye LaVette singt neben Jon Bon Jovi.
Legende: Bettye LaVette und Jon Bon Jovi singen für Obama: An dessen Antrittsfeier 2009 vor dem Lincoln Memorial. Reuters

Im Jahr 2000 macht der französische Plattensammler Gilles Petard in den Archiven von Atlantic Records eine grosse Entdeckung. Er findet die Masterbänder vom Album «Child of the Seventies», die angeblich einmal einem Brand zum Opfer gefallen seien. Eine dubiose Geschichte. Doch jedenfalls waren die Bänder wieder da und werden wenig später veröffentlicht.

Eine Retrowelle hat bereits eingesetzt – und plötzlich ist Bettye LaVettes Musik aus den 70ern wieder brandaktuell. Sie wird zu einem weltweit begehrten Star.

Betty LaVette bekommt mit fast 60 Jahren endlich die Anerkennung, die sie als Sängerin verdient. Auf die Veröffentlichung von «Child of the Seventies» folgen weitere Alben, die alle ebenfalls sehr erfolgreich sind. Die Zahl ihrer Fans steigt bis heute.

Sogar US-Präsident Barack Obama ist ein bekennender Fan von LaVette. Und so singt sie bei seinem Wahlsieg vor 400'000 Leuten den Sam-Cooke-Klassiker «A Change is Gonna Come». Heute ist die Bettye LaVette 69 und ständig auf Tournee. Kürzlich hat sie ihr neues Album «Worthy» herausgegeben.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Jazz Classics, 17.04.2015, 23:30 Uhr

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