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Opernführer Es lebe die himmlisch höllische Diva!

Charismatisch, glänzend, virtuos: Ohne Diven wäre die Musikwelt nur halb so spannend. Und auch in eher unglamourösen Zeiten wie heute hängen wir noch fasziniert an ihren Lippen. Warum die divenhafte Dame auch heute unverzichtbar ist.

Staatsoper München. In der zehnten und elften Reihe sitzt eine Schweizer Reisegruppe. Ältere, nicht ganz arme Männer und Frauen, Anwälte, Psychologinnen, Architekten und Zahnärzte, die hergereist sind, um Edita Gruberova singen zu hören und zu sehen als Elisabetta, Regina d' Inghilterra.

Nach guten zwei Stunden Leiden und hunderten von virtuosen Koloraturketten zieht sich die Gruberova mit einer grandiosen Geste die rote Lockenperücke vom Kopf. Darunter kommt eine Glatze mit den letzten schütteren Haarbüscheln zum Vorschein, dann sinkt sie auf den Bühnenboden – Liebesschmerz hat der englischen Königin das Herz gebrochen. Stille, dann tosender Applaus, feuchte Augen, trockene Kehlen bei den Schweizern. Es war unglaublich, sagt ein Herr mit weissen Haaren und schluchzt. Was war da geschehen? Was hat ihn, und überhaupt das ganze Publikum, so aufgewühlt? Die historischen Figuren, die komplizierte Geschichte? Sicher nicht.

Viva la Diva

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Früher waren Diven wie Maria Callas und Marilyn Monroe umweht von einem Hauch von Tragik. Diven heute verzaubern auch ihr Publikum und sorgen für grosse Gefühle. Aber sie haben Kinder, lachen gerne und tragen auch mal Lederhosen. SRF Kultur zeigt die vielen Facetten der Diva von heute: Viva la Diva.

Mischung aus Himmel und Hölle

Es war die charismatische Magie einer Diva! Schwer erklärbar, was das genau ist: Kunst und Künstlichkeit, Virtuosität, die mit Selbstinszenierung verschmilzt, Glanz, in dem Schmerz mitschwingt, und ein traumwandlerischer Gang entlang dem Abgrund. Kurz: Die Mischung aus Himmel und Hölle sind der Grund, warum wir Diven brauchen und uns an ihnen nicht sattsehen und -hören können.

Sie bringen uns zum Glühen

Unsere Zeit braucht Diven, schreibt die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen, die auch über Diven geforscht hat. Sie vermitteln uns, dem Publikum, grosse Gefühle und geben uns «Glut in unseren traurigen kalten Alltag».

Dafür nennen wir sie «göttlich» und hängen auch dann noch an ihren Lippen, wenn sie ihren Zenit längst überschritten haben – wie zum Beispiel bei Maria Callas, der man sozusagen beim Sterben zugeschaut hat. Auch das gehört zur Diva: «die Grenze zwischen professionellem und privatem Leben ist unkenntlich geworden», schreibt Bronfen. Während sich ein Star immer inszeniert und etwas zu sein vorgibt, ist die Diva stets das, was wir sehen. Das Fragile, das Brüchige, der Tanz auf den Rändern – das ist nicht gespielt, das ist sie.

Bodenständige Diven

Waren die klassischen Diven wie Garbo, Callas und Monroe zwar göttlich, und schön, aber doch stets umweht von einer «notion tragique», so will die Diva des 21. Jahrhundert mit dieser Opferrolle nichts mehr zu tun haben. Diven von heute heissen Ute Lemper, Cecilia Bartoli, Nina Hagen und Diana Damrau, sie sind erstaunlich bodenständig – und trotzdem knistert es, wenn sie die Bühne betreten.

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