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Musik Wiener Philharmoniker in Basel – mit einem risikofreudigen Geiger

Die Wiener Philharmoniker spielten in Basel vor einem ausverkauften Saal. Dafür sorgte nicht nur die Prominenz des Orchesters, sondern auch Dirigent Riccardo Chailly und Geiger Christian Tetzlaff. Damit konnte der Veranstalter dem Publikum sogar eine schwierige Bruckner-Sinfonie andrehen.

Die Wiener Philharmoniker, soeben noch im Neujahrs-Konzerttaumel, spielten im Basler Stadtcasino vor einem ausverkauften Saal, als Gast der Allgemeinen Musikgesellschaft. Mit der Sinfonik Anton Bruckners bewegte sich das Orchester in den Gefilden des Wiener Stammrepertoires. Spätromantische Musik, die hierzulande teils auf eher zurückhaltende Begeisterung stösst.

Bruckners «Sechste», vom Komponisten auch seine «Keckste» genannt, steht zwischen der monumentalen «Fünften» und der schwärmerischen «Siebten». Sie ist Zeugnis einer glücklichen Phase des Komponisten: Bruckner erhielt kurz zuvor eine Stelle an der Wiener Universität und seine Sinfonien wurden mit Erfolg aufgeführt. Mit der Sechsten schrieb er seine erste Sinfonie in einer Kreuztonart, in A-Dur.

Bruckners Sechste, die «Keckste»

Das «Kecke» war deutlich im Schlusssatz zu hören, den Riccardo Chailly und das Orchester zeitweise in die Nähe eines ausgelassenen Verdi rückten. Scherzo und Trio zuvor waren klingendes Naturtheater – ganz in der Intention Bruckners. Zarte Farben, markige Hornmotive, etwas Sprechendes, Dialogisches – der Satz liess einen zum Zuschauer einer imaginären Theaterszene werden.

Das grosse Singen dann im Adagio: Lange Bögen, formvollendet ausmusiziert. Hier zeigten die Wiener Philharmoniker unter Chailly ihre ganze Souplesse. Chailly denkt die Musik stark von der Harmonik her. Das entlockte dem Satz mit seiner reichen Harmonik eine grosse Palette an Klangfarben.

Sibelius' «Finlandia»

Mit Jean Sibelius stand neben Bruckner ein weiterer, ganz anderer Spätromantiker auf dem Programm. Monumental und düster: seine Tondichtung «Finlandia». Das in grosser Formation angetretene Orchester stellte hier eine geradezu körperlich erfahrbare Klanggrösse in den Raum. Eine Grösse, und das ist die Kunst dieses Klangkörpers, die weniger durch Lautstärke bestimmt ist, als durch Präsenz.

Ein Geiger, der sich aus dem Fenster lehnte

Der deutsche Geiger Christian Tetzlaff gehört mit Jahrgang 1966 nicht mehr zur jüngsten Generation. Die Julia Fischers und Janine Jansens der Geigenwelt sind ihm hart auf den Fersen und überholen Tetzlaff punkto technischer Beherrschung sogar. So jedenfalls der Eindruck am Konzert vom 15. Januar. Tetzlaff gelangen in Sibelius' Violinkonzert mehrfach Passagen, Doppelgriffe, Intervallsprünge nicht so, wie Hörer das von ihm gewohnt sind.

Der Musiker lehnte sich aber vielleicht auch ganz bewusst weit aus dem Fenster, spielte in Bereichen, die knapp vor oder eben auch hinter der Kontrollierbarkeit lagen. Das konnte zu Fehlern führen. Dafür wurde man mit einem Solopart belohnt, der das kämpferische, heldische Moment deutlich machte. Ein Aspekt, der einem spätromantischen Geigenkonzert gut ansteht, und der in beherrschteren Interpretationen bisweilen einer distanzierten Kühle zum Opfer fällt.

Ausverkauftes Konzert, begeistertes Publikum

Dem Veranstalter, der Basler Allgemeinen Musikgesellschaft, ist mit der Einladung der Wiener Philharmoniker so früh im neuen Jahr ein Coup gelungen. Das Konzert war ausverkauft, das Publikum begeistert.

Interessanterweise zeigte sich, dass der grosse Musiksaal des Basler Stadtcasinos in Vollbesetzung an seine Grenzen gerät. Man trat sich in den Foyers auf die Füsse, die Hitze im Saal war beträchtlich. Solch ausverkaufte Konzerte hatten in der Musikstadt Basel lange Tradition. Das Publikum heute ist aber fordernder, zumindest, was den Komfort anbelangt. Ab 2016 soll der Musiksaal denn auch renoviert und erweitert werden.

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