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Tessin Gute und schlechte Nachrichten für die Bergseen

Den Bergseen geht es besser als früher. Sie haben sich vom sauren Regen der 80er-Jahre erholt. Aber: Der Klimawandel und auch geplante Kürzungen des Bundes könnten sich negativ auswirken.

Die alpinen Bergseen im Tessin erholen sich langsam von der Versauerung. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen und er wird durch den Klimawandel erschwert. Das zeigt der neueste Bericht des ICP-Waters-Programms, das seit über vierzig Jahren die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf Oberflächengewässer überwacht. Das Koordinationszentrum befindet sich in Norwegen, und das Tessin vertritt die Schweiz seit dem Jahr 2000 in diesem Programm.

Was die Versauerung der Seen beeinflusst (mit dt. Untertiteln)

Sandra Steingruber ist verantwortlich für das ICP-Waters-Projekt im Tessin und erklärt, dass der Kanton das Programm in der Schweiz im Auftrag des Bundesamts für Umwelt verwaltet. «Seit 2000 werden systematisch zwanzig alpine Bergseen überwacht.» Das Programm laufe bereits seit den 80er-Jahren, zu diesem Zeitpunkt jedoch noch recht sporadisch. Damals hatte die Versauerung durch den «sauren Regen» ihren Höhepunkt erreicht.

Erholung ja, aber …

Speziell ist das Untersuchungsgebiet im Nordwesten des Tessins, weil es besonders anfällig ist, und zwar aus zwei wichtigen Gründen: «Die Region ist durch karbonatarme Gesteine charakterisiert, also mit einer begrenzten Pufferkapazität gegen saure Ablagerungen», so Steingruber. «Ausserdem reichern sich die Niederschläge über der Po-Ebene mit Schadstoffen an, bevor sie sich auf die Südseite der Alpen ergiessen.»

Der Bericht zeigt einige bedeutende Erfolge auf: «Die Reduktion der Schwefel- und Stickstoffemissionen hat zur Verringerung der Sulfat- und Nitratkonzentrationen und zu einem höheren Alkaligehalt in den meisten Seen geführt, die dadurch weniger sauer sind», sagt Steingruber. «Heute weisen die meisten Seen einen pH-Wert auf, der als sicher für die empfindlichsten Organismen gilt.»

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Das Bild ist jedoch komplexer, gerade was die biologische Erholung betrifft. Steingruber erklärt: «Wir haben keine klaren Erholungszeichen bei den sogenannten Makroinvertebraten beobachtet», also bei kleinen wirbellosen Tieren wie Insekten. Die Gründe könnten vielfältig sein: Die Erholung könnte vor Beginn der Überwachung im Jahr 2000 stattgefunden haben. Auch ist es möglich, dass die überwachten Arten nicht besonders empfindlich auf Versauerung reagieren, oder die Auswirkungen des Klimawandels könnten die Zeichen der Erholung überdecken.

Kühe weiden auf der Piora-Alp oberhalb von Quinto. Zu sehen sind der Cadagno-See und der Ritom-See.
Legende: «Die vollständige Erholung der Seen ist stark vom globalen Willen abhängig, die Emissionen weiter zu reduzieren.» Keystone

Der Klimawandel verkompliziert das Bild tatsächlich zusätzlich. Steingruber hebt verschiedene Auswirkungen hervor: «Das Schmelzen der Gletscher […] erhöht die Konzentrationen von Schwermetallen.» Zudem verändere der Wechsel von mehr Trockenperioden und intensiven Niederschlägen die Flora und Fauna in den Einzugsgebieten der Bergseen.

Zu viel Stickstoff, zu wenig Geld

«Die Stickstoffablagerungen liegen immer noch deutlich über den kritischen Belastungsgrenzen», betont Steingruber. «Die vollständige Erholung ist daher eng mit dem globalen Willen verbunden, die Stickstoffemissionen weiter zu reduzieren.»

Hinzu kommt ein praktisches Problem: Aufgrund der Kürzungen des Bundes für den Zeitraum 2025–2029 wurde die biologische Überwachung eingestellt und die Zahl der beobachteten Seen auf zehn halbiert. «Die Zukunft hängt von der Absicht des BAFU ab, die Finanzierung des Projekts fortzusetzen», erklärt Steingruber.

 

RSI; «Seidisera»; 12.10.2025; 18:00 Uhr;brus

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