Um die Textilindustrie und ihre Kundschaft für die Umweltprobleme bei der Kleiderproduktion zu sensibilisieren, hat Frankreich die Umweltkennzeichnung für Textilien eingeführt.
Wie der «Nutriscore» für Kleider funktioniert (dt. Untertitel):
Die Massnahme kann man vergleichen mit dem Nutri-Score, der den Nährwert von Lebensmitteln angibt, oder dem Energielabel, das über den Verbrauch von Elektrogeräten informiert.
Verschiedene Kriterien für neuen Öko-Score
Für das neue Label wurden diverse Kriterien berücksichtigt: der Ausstoss von Treibhausgasen, die Verschmutzung der Gewässer durch Färbemittel und Mikroplastik sowie die Abfallberge, die durch entsorgte Kleider entstehen. Ebenso als Kriterien gelten der Pestizid- und Wasserverbrauch – allein für die Herstellung einer Jeans werden etwa 11'000 Liter Wasser benötigt.
Laurent Maeder, Experte für Textilien und Kreislaufwirtschaft erklärt: «Wir haben drei Kategorien: die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit [...], auf die Ressourcen und auf die Ökosysteme.»
Greenpeace Schweiz begrüsst diese Innovation: «Wir betrachten dieses Instrument als sehr interessant, um einerseits den Verbrauchern zu ermöglichen, qualitativ hochwertige Kleidung zu wählen», so Joëlle Hérin, Expertin für Konsumsysteme bei der Umweltorganisation. «Aber vor allem, um den Modesektor dazu zu bewegen, weniger Quantität und mehr Qualität zu produzieren.»
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Problematisch könnte die Verständlichkeit des neuen Labels sein. Während der Nutri-Score mit seinen fünf Buchstaben und fünf Farben sehr einfach zu lesen ist, ist das bei der Textilkennzeichnung weniger der Fall. Das Etikett ist schwarz-weiss, mit einer Anzahl negativer, sogenannter Auswirkungspunkte. Das sei laut Joëlle Hérin von Greenpeace nicht optimal: «Wenn die Zahl hoch ist, bedeutet das eine relativ hohe negative Umweltauswirkung. Diese Einheiten sind neu für die Verbraucher und schwer zu interpretieren.» Sie glaubt, dass die Politik hier gut kommunizieren muss, damit die Menschen das Label verstehen.
Die Industrie macht bereits mit
Vorerst ist das Vorgehen fakultativ; es könnte in einem Jahr obligatorisch werden. Aber die Unternehmen spielen bereits mit: «Die grossen Akteure der Textilbranche sind bereits Teil des Prozesses», so Laurent Maeder. «Besorgter bin ich mit Blick auf die KMU. Sie benötigen Hilfe, um die Informationen aus ihren Wertschöpfungsketten zu erhalten.»
Und die Schweiz?
Hierzulande gibt es vorerst keine Kennzeichnung für Textilien. In der Schweiz ermöglicht das revidierte Umweltschutzgesetz die Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Dennoch könnte sich das französische System durchsetzen, glaubt der Experte für Kreislaufwirtschaft.
«Da die Textilbranche globalisiert ist, werden die europäischen Marken den Öko-Score nicht extra für den Schweizer Markt entfernen», so Laurent Maeder. «Und auch die Schweizer Marken, die in Europa verkaufen wollen, müssen diesen Weg gehen.» Es liege daher im Interesse der Schweiz, diesen neuen Öko-Score zu übernehmen.
«Es ist aber wahrscheinlich, dass der Bundesrat die Einführung der Textilkennzeichnung auf europäischer Ebene abwartet, anstatt sich der Spitzengruppe und dem französischen System anzuschliessen», glaubt Joëlle Hérin von Greenpeace.