Nun hat Griechenlands neuer Premier Alexis Tsipras also die EU-Spitze in Brüssel besucht, sein Finanzminister Yanis Varoufakis war bei EZB-Präsident Mario Draghi. Während anschliessend in den öffentlichen Verlautbarungen von allen Seiten Kompromissbereitschaft signalisiert wurde, sind noch keine konkreten Lösungen der Schuldenprobleme Griechenlands in Sicht.
EZB will und kann nicht helfen
Laut SRF-Korrespondent Oliver Washington in Brüssel sprachen die EU- und EZB-Vertreter durchaus Klartext mit der griechischen Abordnung. So habe EZB-Präsident Draghi dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis klar signalisiert, dass die EZB die kurzfristigen Finanzprobleme Athens nicht lösen werde.
Vielmehr müsse Varoufakis diese Probleme auch mit seinen Amtskollegen der Euro-Länder besprechen. So sei denn auch für nächste Woche ein Treffen der Finanzminister der Euroländer anberaumt worden, sagt Washington. Griechenland dürfte spätestens ab Mitte März in arge Finanznöte geraten und ist deshalb dringend auf neues Geld angewiesen.
Brüssel in der Zwickmühle
Das Problem: Brüssel möchte Athen nicht zu stark entgegenkommen, weil sonst ähnliche Begehren aus anderen EU-Schuldenländern wie Spanien oder Portugal ertönen könnten. Der Sozialist Tsipras seinerseits hat den Griechen im Wahlkampf Dinge versprochen, die er so wohl nicht halten kann. Entsprechend schwierig wird es, für alle Seiten akzeptable Lösungen zu finden.
Berlin gegen jeden Schuldenerlass
Skeptisch ist man auch in Berlin, der Hauptstadt des grössten Gläubigers der griechischen Schulden. «Man will erstmal ganz genau hören, was die neue griechische Regierung vorschlägt», sagt SRF-Deutschland-Korrespondent Casper Selg. Am Donnerstag treffen sich die Finanzminister der beiden Ländern in Berlin zu Gesprächen.
Was man bisher aus Athen gehört habe, löse in Deutschland Kopfschütteln aus, so Selg. Insbesondere die Forderung nach neuem Geld aus Athen, ohne dass die Geldgeber zur Verwendung desselben etwas zu sagen hätten, kommt für Berlin nicht in Frage. Bereits habe die CDU/CSU klar dargelegt, dass auf einer solchen Basis keine Einigung mit Athen möglich sei. Auch ein Schuldenschnitt sei kein Thema.
Trotz allem geht Korrespondent Washington in Brüssel davon aus, dass weiter nach einem Kompromiss gesucht wird. Denn wenn keine Lösung gefunden werde, drohe das «kolossale Scheitern», sprich der Austritt Griechenlands aus dem Euro.
Vor diesen Problemen steht die Regierung
Arbeitslosigkeit | Das grösste Problem. Zuletzt waren 26,7 Prozent arbeitslos gemeldet – Rekord in der EU. Die Jugendarbeitslosigkeit (15- bis 24-Jährige) liegt sogar bei um die 50 Prozent. |
Schulden | Der Schuldenberg dürfte 2014 auf 175 Prozent des BIP gestiegen sein. Die EU-Regeln sehen eigentlich eine Grenze von 60 Prozent vor. Immerhin: Die abgewählte Regierung hat die Neuverschuldung drücken können: Von einem Defizit von rund 12 Prozent 2013 auf knapp 2 Prozent 2014. |
Steuern | Gähnende Leere in den Staatskassen. Allein im Januar soll eine Milliarde Euro fehlen – vor der Wahl beglichen viele Steuerzahler offenbar ihre Schulden nicht. Die neue Regierung kann somit die anfallenden Zinszahlungen nicht abzahlen. Im Sommer dürfte der Staat bankrott sein, dann stehen Schuldenrückzahlungen von 6,5 Milliarden Euro an. |
Konjunktur | Hier gibt es Licht am Horizont. Die Wirtschaft wuchs zuletzt so stark wie in keinem anderen Euro-Land. Auch für dieses Jahr ist ein Wachstum von fast 3 Prozent prognostiziert. |