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Freiwillig mit Corona infiziert: Eine Studie aus Grossbritannien
Aus Rendez-vous vom 08.03.2021. Bild: Getty
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Corona-Studie gestartet Warum Forscher Freiwillige mit dem Coronavirus infizieren

In Grossbritannien werden gesunde Freiwillige gezielt mit dem Coronavirus angesteckt. Was soll das bringen?

Warum werden gewisse Menschen durch das Coronavirus schwer krank und andere nicht? Wie genau wehrt das Immunsystem das Virus ab? Corona prägt unser Leben seit gut einem Jahr, und trotzdem sind all diese Fragen noch nicht wirklich geklärt.

Wir können nur Rückschlüsse ziehen und Erkenntnisse herleiten aus dem, was wir in der Bevölkerung beobachten.
Autor: Christopher ChiuForscher am Imperial College London

Der Grund: Wissenschaftler bräuchten dafür möglichst kontrollierte, übersichtliche Experimente. Die Verhältnisse in der realen Welt seien für wissenschaftliche Erkenntnis viel zu unsauber, sagt Christopher Chiu vom Imperial College London: «Wir können nur Rückschlüsse ziehen und Erkenntnisse herleiten aus dem, was wir in der Bevölkerung beobachten.»

Das ist für Forscher wie Chiu unbefriedigend und motiviert ihn und ein ganzes Netzwerk von britischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu einem ethisch umstrittenen Experiment.

Ziel: Virus besser verstehen

Die Forscher aus Grossbritannien haben dieser Tage damit begonnen, bis zu 90 gesunde Freiwillige mit voller Absicht mit dem Coronavirus zu infizieren. Solche Studien seien etwas Besonderes, sagt Peter Openshaw, ebenfalls vom Imperial College London. Man könne so besser verstehen, was Covid-19 im menschlichen Körper auslöst, wie sich der Körper wehre, und neue Medikamente und Impfstoffe schneller entwickeln.

Zum Beispiel, indem man Probanden impft und dann mit dem Virus konfrontiert. Statt riesiger bevölkerungsweiter Studien bräuchte es so nur noch wenige Probanden für aussagekräftige Ergebnisse.

Die Probanden werden gründlich durchgecheckt und bekommen das Virus dann direkt in die Nase getropft.
Autor: Christopher ChiuForscher am Imperial College London

Doch zunächst fangen die Forscher bescheiden an. Die Freiwilligen werden sorgfältig ausgesucht, keiner von ihnen soll einen Risikofaktor für einen schweren Verlauf haben. Dann werden sie im Royal Free Hospital in London aufgenommen, «einem Spital mit einer sehr guten Abteilung für Infektionskrankheiten», betont Christopher Chiu: «Die Probanden werden gründlich durchgecheckt und bekommen das Virus dann direkt in die Nase getropft.»

Freiwillige sollen nicht erkranken

Das Ziel ist nur eine Infektion. Das Virus soll sich in den Nasenschleimhäuten der Probanden vermehren. An Covid-19 erkranken sollen die Freiwilligen möglichst nicht. Dann werden unter anderem ihr Geruchssinn getestet, ihre kognitive Leistung und viele andere Faktoren, die über den Verlauf der Infektion etwas aussagen.

Einschätzung der SRF-Wissenschaftsredaktorin

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«In Grossbritannien sind die Regeln für solche Versuche nicht ganz so eng gesteckt, wie in anderen Ländern. Auch deshalb haben die Forscherinnen und Forscher dort inzwischen schon Erfahrung mit sogenannten Human-Challenge-Versuchen, bei denen Menschen absichtlich mit Krankheitserregern infiziert werden», erklärt SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel.

Genehmigt sei bislang nur die erste Studienphase, in der die Forscher klären wollen, wie viel Virus es braucht, um einen Freiwilligen zu infizieren. «Alle weiteren Schritte – Studien zur Immunreaktion, Impfstudien oder Medikamentenstudien – brauchen jeweils eine eigene Genehmigung.»

«Es ist sehr schwer abzuschätzen, wie viel diese Studienform tatsächlich an neuen Erkenntnissen wird liefern können. Aber die Argumentation leuchtet ein, dass es ein Vorteil ist, dass die Probanden von der ersten Minute der Infektion an untersucht werden können, anders als bei einer natürlichen Infektion, die immer erst später entdeckt wird», so Zöfel.

14 Tage bleiben die Freiwilligen im Spital. Wenn kein Virus mehr nachweisbar ist, werden sie entlassen, aber noch während zwölf weiteren Monaten immer wieder untersucht. Natürlich könne eine solche artifizielle Studie nicht alle Fragen beantworten, sagt Peter Openshaw.

Nur in Verbindung mit Studien natürlicher Corona-Infektionen seien die Ergebnisse wertvoll. Aber eben: Sie können eine wertvolle, womöglich entscheidende Ergänzung sein, um die Pandemie schneller zu beenden.

Rendez-vous, 08.03.2021, 12:30 Uhr

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