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Emmanuel Macron
Legende: Investmentbanker, Wirtschaftsminister, Präsident – so könnte Macrons Bilderbuch-Karriere aussehen. Reuters
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Wahlkampf in Frankreich Emmanuel Macron – die grosse Überraschung?

Der ehemalige Wirtschaftsminister könnte im Mai zum jüngsten Präsidenten Frankreichs gewählt werden.

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Woher stammt die Begeisterung für Macron?
Aus Tagesschau vom 15.01.2017.
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Emmanuel Macron begeistert. Seine scharfsinnigen Analysen und sein sprühender Optimismus, mit dem er die Probleme Frankreichs angehen will, ziehen Jung und Alt in seinen Bann.

Und dies, obwohl er sich sowohl links als auch liberal positioniert, keine Partei im Rücken hat und bisher auch kein politisches Programm präsentiert hat. Oder gerade deswegen? Sicher ist: Obwohl Macron politisch noch ziemlich unerfahren ist, hat er das Zeug zum Präsidenten.

Wer ist Emmanuel Macron?

  • «Wunderkind», «Senkrechtstarter», «Genie»: An Superlativen mangelt es nicht, wenn Macron beschrieben wird. 1977 in Amiens geboren, sorgte seine Begabung bereits in der Schule für Aufregung – insbesondere bei seiner Französischlehrerin: Sie verliebte sich Hals über Kopf in den damals 17-Jährigen und verliess ihre Familie für ihn. Die Liebe hielt: Inzwischen sind Macron und die 24 Jahre ältere Brigitte Trogneux seit zehn Jahren verheiratet.
  • Karrierestart: Macron besuchte Eliteschulen, studierte Philosophie. Später arbeitete er im Finanzministerium und bei einem Think-Tank, bevor er als Investmentbanker zu Rothschild & Cie. wechselte.
  • Einstieg in die Politik: Als François Hollande 2012 die Präsidentschaftswahlen gewann, wurde Macron dank guten Kontakten zum Berater für Wirtschafts- und Finanzpolitik im Elysée-Palast ernannt. Im August 2014 wurde er als Wirtschaftsminister Frankreichs einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
  • «Macron-Gesetz»: Macron ist der Architekt eines grossen Reformpakets, mit dem Hollande das Wirtschaftsrecht modernisieren wollte. Doch das Parlament zerpflückte das Gesetz, das schliesslich nur dank einer Sonderklausel angenommen wurde.
  • Vorbereitungen für Kandidatur: Im Frühling 2016 gründete Macron seine Bewegung «En Marche!» (Auf geht's!). Ende August trat er als Wirtschaftsminister zurück. Im November kündigte er seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen an.

Was will Macron?

  • Reformblockaden durchbrechen: Mit seiner Bewegung «En Marche!», die bereits über 130'000 Mitglieder hat, will er vor allem Reformblockaden durchbrechen und das Land modernisieren. Die Details seines politischen Programms, das er den «Vertrag mit der Nation» nennt, will er im März präsentieren. Dennoch sind bereits einige Details bekannt:
  • Arbeitsrecht flexibler gestalten: Die Jungen sollen mehr, die Älteren weniger arbeiten: Macron will die 35-Stunden-Woche aufweichen. Auch das Rentenalter soll mit 60 bis 67 Jahren flexibler werden. Auch will Macron die Bedingungen für Selbständige und Unternehmer verbessern.
  • Bildung stärken: Speziell die Unterstufe soll mehr Unterstützung erhalten. In Regionen mit Schwierigkeiten sollen Lehrer besser bezahlt werden und grössere pädagogische Freiheiten erhalten.
  • Wirtschaft stabilisieren: Macron will künftig nur noch eine grosse Reform pro Amtszeit erlauben. Nach zwei Jahren soll deren Wirkung überprüft werden. Fehlt diese, soll das Gesetz automatisch wieder verfallen. Das könnte jedoch zu grosser Instabilität führen – dem Gegenteil dessen, was sich Macron verspricht.

Macrons Buch «Révolution»

Macron hat Ende 2016 sein Buch «Révolution - c’est notre combat pour la France» (Revolution – das ist unser Kampf für Frankreich) veröffentlicht: eine breite Palette an überraschenden, kreativen Ideen. Doch vieles ist oberflächlich, manches widersprüchlich. Bei genauem Hinsehen entsteht der Eindruck, dass seine Vorschläge nicht ganz ausgegoren sind und zum Teil sogar zum Gegenteil dessen führen könnten, was er beabsichtigt.
Macron kommt aus der Wirtschaft. Er denkt in kürzeren Zyklen und probiert aus. ‹Wenn etwas nicht funktioniert, ändern wir einfach die Strategie›, lautet seine Devise. Doch in der Politik sind Stabilität und längere Zyklen gefordert.
  • Mit Europa zusammenarbeiten: Macron schlägt einen liberalen, europafreundlichen Kurs ein. Doch Europa müsse sich neu erfinden. Er plädiert für eine gemeinsame Polizei gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus.
  • Eigene Leute ins Parlament bringen: Macron will 577 eigene Kandidaten für die Parlamentswahlen im Juni aufstellen – so viele, wie die französische Nationalversammlung Sitze hat. Als Präsident wäre er darauf angewiesen, erfahrene Politiker um sich zu haben. Doch so schnell sich andere Politiker seiner Bewegung anschliessen, so schnell könnten sie wieder abspringen. Ein Drittel der Plätze will er an Mitglieder ohne Parteizugehörigkeit vergeben.

Seine Vorteile

  • Er spricht viele an: Macrons Team hat 25‘000 Menschen auf der Strasse befragt. Er kennt die Ängste, Sorgen und Bedürfnisse der Bevölkerung. Dadurch spricht er sehr viele Leute an – ganz bewusst. Dies birgt die Gefahr, dass er als Präsident viele enttäuschen würde, weil er nicht alle Versprechen umsetzen kann. Doch dieselbe Strategie fahren andere Präsidentschaftskandidaten auch. Direktwahlen sind nur auf diese Art zu gewinnen – ein Problem des französischen Präsidentschaftssystems.
  • Er fasziniert: Der 39-Jährige gibt sich optimistisch und dynamisch. Er präsentiert sich als politischer Aussenseiter, was ihm gut gelingt. Er wirkt charismatisch, hat eine warme Ausstrahlung, gar etwas Einnehmendes. Zudem spricht er einfach und verständlich – man weiss, was er will. Macron greift seine Gegner nicht an. Das macht sicher einen Teil seiner Ausziehung aus, denn viele Leute sind es leid zu hören, dass alle anderen schlecht sind. Doch in der heissen Phase des Wahlkampfes wird wohl auch er die harten Bandagen anziehen müssen.
  • Ein guter Taktiker: Macron positioniert sich parteiübergreifend in der politischen Mitte – in einer Zeit, in der die etablierten Parteien heftig in der Kritik sind. Das ist geschickt. Zudem profitiert er von jenen, die über die bisherigen Vorwahlen frustriert sind: Von Liberalen, die sich nicht mit ihrem Kandidaten François Fillon anfreunden können, und moderat Linken, die sich im Spitzenreiter Benoît Hamon nicht wiedererkennen.

Seine Nachteile

  • Wenig politische Erfahrung: Macron hat noch nie einen Wahlkampf geführt, wurde noch nie gewählt. Dadurch passieren ihm Entgleisungen, die erfahrene Politiker vermeiden. Ein Beispiel dafür ist seine Kritik an demonstrierenden Gewerkschaftern in T-Shirts. Macron fauchte, sie sollten lieber arbeiten gehen – dann könnten sie sich einen Anzug leisten wie er selbst.
  • Ist er mitschuldig an der Wirtschaftslage Frankreichs? Dieser Vorwurf wird ihm im Wahlkampf noch um die Ohren fliegen. Doch die Zahlen zeigen, das «Macron-Gesetz» trägt erste Früchte: Die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigt. Die Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Doch die grundlegenden Folgen der Gesetzesänderung wird man erst langfristig erkennen.
  • Zu wenig versteuert: Macron geriet kurzzeitig in die Schlagzeilen, weil er die Reichensteuer auf das Haus seiner Frau nicht bezahlt hatte. Doch die Kritik verstummte rasch, da handfeste Beweise fehlen, dass er dies bewusst unterschlagen hat. Macron musste einen Betrag unter 10'000 Franken nachzahlen.

(Sendebezug: 26.01.2017, SRF 4 News, 8 Uhr)

Wer wählt Macron?

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