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International «Viele Junge blieben daheim und müssen nun die Suppe auslöffeln»

Zum unerwarteten und knappen Erfolg von Brexit dürften die jungen Britinnen und Briten nicht unwesentlich beigetragen haben. Das sagt Klaus Armingeon, Politologe an der Universität Bern. Diese wichtigen EU-Befürworter seien schwer mobilisierbar geblieben und müssten nun die Suppe auslöffeln.

Knapp 52 Prozent der Briten haben sich für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden. Erste Erklärungsversuche zum Brexit-Erfolg von Klaus Armingeon, Professor am Institut für Politikwissenschaften an der Universität Bern.

SRF News: Kommt der Brexit-Erfolg für Sie überraschend?

Klaus Armingeon : Ein bisschen schon. Ich hätte persönlich eher auf «Remain» getippt. Es war ja auch sehr knapp. Es spielen viele Zufallsfaktoren mit. Es hätte auch anders sein können.

Welche Zufallsfaktoren?

Ein Faktor sind die sintflutartigen Regenfälle am Donnerstagabend in London, wo es ein ganz starkes «Remain»-Lager gab und die Stimmbeteiligung geringer ausfiel. In den Gegenden mit vielen Brexit-Befürwortern war das Wetter besser und die Stimmbeteiligung sehr viel höher. Es ist aber bei weitem nicht nur das Wetter, dass bei der knappen Entscheidung mitspielte.

Das Hauptargument der Brexit-Gegner, die Folgen für die Wirtschaft, hat also nicht gestochen?

Es ist wahrscheinlich auch erwogen worden. Doch es kamen ebenso viele innenpolitische Fragen hinzu, wie sie alle Gesellschaften beschäftigen, so die Öffnung oder Schliessung eines Landes. Das hat am Schluss nun offensichtlich doch überwogen.

Welche Britinnen und Briten haben nun gegen die Europäische Union gestimmt?

Audio
Politologe Klaus Armingeon zu Brexit
aus SRF 4 News aktuell vom 24.06.2016.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 55 Sekunden.

Es sind Menschen mit eher geringer Bildung und eher tiefem Einkommen. Sie leben nicht in London, aber auch nicht in Schottland und Nordirland, sondern in den alten Industriegebieten. Sie haben sehr viele Sorgen aufgrund der Zuwanderung aus Mittel-Ost-Europa: Lohndruck, teure Wohnungen und Belastung der Infrastruktur.

Aus dieser Angst heraus stimmten sie Nein. Dazu kommen ideologische Gründe. Grossbritannien sah sich immer als souveränes Land, eine Insel, die sich selber regiert. Die EU ist für sie bestenfalls ein grosser Markt. Den steigenden politischen Einfluss Brüssels wollten sie nicht länger.

Die Jungen waren EU-freundlich ausgerichtet. Welche Rolle haben sie beim Referendum gespielt?

Erst die Umfragen werden zeigen, wer mit welcher Stärke teilgenommen hat. Im Vorfeld waren die Jungen sehr stark für die EU, aber sehr schwer mobilisierbar. Sie sind also daheim geblieben und werden nun die Suppe auslöffeln müssen.

Ist David Cameron als Regierungschef nun erledigt?

Ich vermute, dass er in den nächsten Tagen irgendwann zurücktreten wird. Mir ist nicht einmal klar, ob er am 28. Juni am Treffen der europäischen Regierungschefs noch dabei sein wird oder ob schon Brexit-Anführer Boris Johnson antritt.

Was bedeutet der Austritt für die Beziehungen zwischen Grossbritannien und der EU.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Die Probleme werden innen- wie aussenpolitisch erst richtig beginnen. Man trennt sich nach einer 43-jährigen, nicht sehr glücklichen Ehe. Denn die Briten verstanden unter der EU immer etwas anderes als die meisten anderen Europäer. Das ist von Anfang nie so richtig gut gelaufen, wie das Hin und Her schon bei der EG zeigte.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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