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Diskussionen um ukrainischen Verteidigungsminister
Aus Rendez-vous vom 06.02.2023. Bild: Keystone/DPA
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Krieg in der Ukraine Verwirrung um Verteidigungsminister: Was ist los in Kiew?

In der Ukraine herrscht mitten im Krieg Verwirrung um den Verteidigungsminister. Zunächst hiess es, Olexij Resnikow müsse seinen Posten räumen. Nun gibt es Meldungen, wonach es vorerst doch keinen Wechsel an der Spitze des Ministeriums geben soll. SRF-Auslandredaktor David Nauer ist gerade aus der Ukraine zurückgekehrt. Er schätzt die Kakophonie aus Kiew ein.

SRF News: Was passiert da gerade in Kiew?

David Nauer: Der Fraktionschef der Partei von Präsident Wolodimir Selenski verkündete zunächst, der Verteidigungsminister müsse gehen. Einen halben Tag später revidierte er die Aussage und sagte, Resnikow bleibe vorerst im Amt. Es gibt ein Hin und Her in Kiew, es herrscht grosse Verwirrung. Gesichert ist, dass es um Korruptionsvorwürfe geht – nicht gegen Resnikow selber. Er soll aber in Sachen Korruption zu wenig in seinem Ministerium aufgeräumt haben. Deswegen ist er angezählt.

Was sagen die Geschehnisse darüber aus, wie die ukrainische Regierung derzeit funktioniert?

Der Fall zeigt, dass sie derzeit im Notfallmodus agiert. Das ist auch kein Wunder, schliesslich herrscht Krieg im Land. Selenski hat sich mit Beratern umgeben. Diese sollen alle in einem Bunker in Kiew arbeiten und teils auch zusammen wohnen. Gleichzeitig haben die eigentliche Regierung und das Parlament an Einfluss verloren. Es ist zu Machtverschiebungen gekommen.

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow
Legende: Trotz zunächst anderslautender Aussagen soll es an der Spitze des ukrainischen Verteidigungsministeriums diese Woche noch keinen personellen Wechsel geben, wie ein Regierungsvertreter in Kiew mitteilte. Keystone/DPA/Boris Roessler

Die Situation ist intransparent. Es ist ein Notsystem des Regierens. Also kann es passieren, dass mitten im Krieg am Stuhl des Verteidigungsministers gesägt wird – und er dann doch bleiben kann. Die Aussenwirkung solcher Kapriolen ist potenziell verheerend.

Selenski zeigt sich offen, modern und demokratisch: Wie passt das zu den aktuellen Vorgängen?

Man muss sehen, woher Selenski kommt. Er war Komiker und hat mit einer populistischen Kampagne die Präsidentschaftswahl gewonnen. Er ist damals auch stark kritisiert worden. Es hiess, Selenski habe kein politisches Programm und verlasse sich nur auf persönliche Freundschaften und Seilschaften. Als der Krieg kam, zeigte er – unerwartet – unglaubliche Qualitäten.

Selenski ist zum Symbol für den ukrainischen Widerstand geworden, eine Art historische Figur. Das heisst aber nicht, dass er ein Heiliger oder ein Vorbild für transparente Regierungsführung ist.

Selenski hatte nicht nur den Mut, in Kiew zu bleiben und die Verteidigung zu organisieren – obwohl die Russen ihm nach dem Leben trachteten und das wohl immer noch tun. Er organisierte auch den Widerstand sehr effizient, im Inland wie im Ausland. Selenski hat zwei Seiten: Er ist zum Symbol für den ukrainischen Widerstand geworden, eine Art historische Figur. Das heisst aber nicht, dass er ein Heiliger oder ein Vorbild für transparente Regierungsführung ist.

Was bedeutet es für die Soldatinnen und Soldaten, die ihr Leben in diesem Krieg riskieren, wenn das Verteidigungsministerium mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert ist und der Sessel des Ministers wackelt?

Das ist potenziell ein sehr grosses Problem für die Kampfmoral der Truppe. Mein Eindruck ist aber, dass dies derzeit noch kein grosses Thema ist. Ich war letzte Woche in der Ukraine und habe mit Soldaten gesprochen, auch mit solchen, die an der Front im Einsatz sind. Sie haben andere Probleme. Ich habe einen der Soldaten auf die Korruptionsvorwürfe angesprochen. Er sagte mir, er habe noch keine Zeit gehabt, die Berichte zu lesen.

Die Hunderttausenden russischen Soldaten auf ukrainischem Territorium sind für die Ukraine das grössere Problem als Korruptionsskandale in Kiew.

Die Männer stehen in ihren Stellungen; die Russen greifen unentwegt an und sie müssen die Angriffe abwehren. Sie sind motiviert, aber die Lage ist schwierig. Die Hunderttausenden russischen Soldaten auf ukrainischem Territorium sind für die Ukraine das grössere Problem als Korruptionsskandale in Kiew.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Rendez-vous, 06.02.2023, 12:30 Uhr;

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