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Wie frei sind Journalisten in der Ukraine?
Aus HeuteMorgen vom 23.06.2023. Bild: Keystone/Efrem Lukatsky
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Medien in Kriegszeiten Kritik an gelenkter Berichterstattung in der Ukraine

In der Ukraine wird seit Beginn des russischen Angriffskriegs die Informationspolitik gebündelt – die Regierung finanziert und fördert eine positiv gerichtete Berichterstattung. Dieser «Telemarathon» gerät zunehmend in Kritik. Die Journalistin Daniela Prugger in Kiew erläutert, wie es um die Medienlandschaft und -freiheit in der Ukraine seit Kriegsbeginn steht.

Daniela Prugger

Daniela Prugger

freie Journalistin in Osteuropa

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Daniela Prugger berichtet als freie Journalistin aus Osteuropa und aus der Ukraine. Derzeit lebt sie in Kiew. Die gebürtige Italienerin berichtet von dort unter anderem für den «Standard».

SRF 4 News: Was ist dieser sogenannte Telemarathon?

Daniela Prugger: Zu Beginn des Krieges hat Präsident Wolodimir Selenski ein Dekret unterzeichnet, in dem es darum ging, die Informationspolitik zu bündeln und zu steuern. Die grössten Rundfunksender des Landes, darunter auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wurden in einem Programm vereint. Seitdem strahlen sie alle denselben Inhalt aus. Als Begründung dafür wurde das Ziel genannt, verlässliche Informationen zu liefern.

Der Inhalt ist darauf konzentriert, die Moral und den Kampfgeist zu stärken.

Die Regierung finanziert den «Telemarathon» – wie unabhängig ist er?

Ein Grossteil der Sender war bereits vor dem Krieg nicht unabhängig. Teilweise wurden Privatsender von Oligarchen finanziert und kontrolliert. Dennoch ist die mangelnde Unabhängigkeit jetzt auch ein Kritikpunkt von Beobachtern. Da geht es oft um journalistische Standards, die bemängelt werden.

Nutzt die Regierung den «Telemarathon» auch, um gegnerische Stimmen auszublenden?

Ein Kritikpunkt sind die fehlenden kritischen Stimmen gegenüber der Regierung und Präsident Selenski. Der Inhalt ist darauf konzentriert, die Moral und den Kampfgeist zu stärken. Da rücken andere zentrale Themen der Ukraine, wie die Innenpolitik, Bildung, Korruption und auch die Bereicherung während des Kriegs, in den Hintergrund.

Die Regierung zeigt das, was sie zeigen möchte.

In letzter Zeit wurde die Kritik lauter. Wird sie denn auch gehört?

Ja, es gibt viele Journalisten, die sich dazu äussern. Zu Beginn wurde der «Telemarathon» nicht so sehr kritisiert, mittlerweile kommt öfter zur Sprache, dass dieser schlicht nicht die Realität widerspiegelt. Die Regierung zeige nur das, was sie zeigen wolle: Das ist der grosse Kritikpunkt der unabhängigen Medien.

Wie sehr beeinflusst die Regierung ganz allgemein die Medien in der Ukraine?

Die Kritik richtet sich vor allem dahingehend, dass Journalistinnen und Journalisten stark kontrolliert werden. Die ukrainische Militärführung hat die Frontgebiete in verschiedene Zonen eingeteilt. In manche darf man als Journalistin gar nicht mehr, in andere nur in Begleitung eines Pressesprechers. Da wird der Zugang zu Informationen reguliert. Investigative Formate kommen zu kurz. Dies hängt mit dem grossen Druck der Gesellschaft auf die Journalisten zusammen. Es wird immer wieder betont, wie wichtig es ist, das Positive im Land darzustellen und nicht zu sehr Kritik zu äussern.

Unabhängiger Journalismus ist durchaus möglich.

Ist unabhängiger Journalismus in der Ukraine überhaupt noch möglich?

Die Lage der Ukraine ist sicher nicht mit Russland vergleichbar, wo einer Journalistin Gefängnis droht, wenn man sich regierungskritisch äussert. Durch den langen Krieg in der Ukraine haben sich starke unabhängige Institutionen und auch eine Medienfreiheit gebildet. Unabhängiger Journalismus ist durchaus möglich. Der Kampf für Medienfreiheit ist aber ein sehr langer und viele unabhängige Medien werden mittlerweile auch von EU-Institutionen finanziert und leben von Zuschüssen aus dem Ausland.

Das Gespräch führte Zoe Geissler.

SRF 4 News, 23.06.2023, 06:00 Uhr ; 

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