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Bürgerkrieg in Syrien «Rund um Damaskus werden die Menschen ausgehungert»

Seit rund zehn Tagen herrscht im Südwesten Syriens eine Waffenruhe. Diese scheint mehrheitlich zu halten, wie der NGO-Mitarbeiter Elias Perabo berichtet.

SRF News: Wie stabil ist die seit zehn Tagen geltende Waffenruhe im Südwesten Syriens?

Elias Perabo: Laut unseren Kontakten im Süden Syriens ist die Lage erstaunlicherweise relativ stabil. Die Bombardements aus der Luft – etwa auf die Stadt Daraa – haben aufgehört. Was immer noch vorkommt, ist der Beschuss durch Artillerie. Trotz der aktuellen Beruhigung ist allerdings Skepsis angebracht, wie lange die Waffenruhe halten wird. Denn die verschiedenen Kampftruppen in dem Gebiet belauern sich gegenseitig: Sowohl die Rebellen der Freien Syrischen Armee, IS-Dschihadisten sowie die syrische Armee und schiitische Hisbollah-Kämpfer auf der anderen Seite versuchen, den Landstrich an der Grenze zu Israel zu erobern.

Wie sieht es in anderen Regionen Syriens aus? Ist auch im Norden eine Beruhigung der Lage festzustellen?

Nein. Gerade um die IS-Hochburg Rakka, rund 80 Kilometer südlich der türkischen Grenze, wird heftig gekämpft. Dort ist der «Islamische Staat» von gegnerischen Kräften praktisch umzingelt. Nach dem abflauen der Kämpfe in Mossul in Nordirak dürfte Rakka nun auch verstärkt ins Visier der alliierten Luftangriffe kommen.

Karte Syriens mit Damaskus und Rakka eingezeichnet.
Legende: Während die Kämpfe südlich von Damaskus etwas abflauen, nehmen sie in Rakka zu. srf

Was bedeutet das für die Zivilbevölkerung in Rakka?

Durch die Kämpfe und auch die Bombardements der US-Geführten alliierten Luftstreitkräfte kommen nun sicher auch viele Zivilisten zu Tode. Zudem blicken die Menschen in Rakka sehr skeptisch in die Zukunft. Denn schon einmal hatte sich Rakka vom syrischen Regime losgesagt, es aber nicht geschafft, stabile Verhältnisse zu schaffen. In der Folge übernahmen die Dschihadisten die Macht in der Stadt. Auch heute ist für die Menschen dort völlig unklar, was die Zukunft bringen wird, wenn der IS dereinst vertrieben sein sollte. Es bräuchte einen Plan der internationalen Gemeinschaft, um Stabilität in die Region zu bringen.

Die Menschen gehen auf die Strasse und wehren sich gegen die Dschihadisten.

Zunächst sind viele Menschen wohl auf Hilfslieferungen angewiesen. Kommen solche überhaupt in die umkämpften Gebiete Syriens durch?

Das ist je nach Region sehr unterschiedlich. So kommt die Hilfe im Norden und Nordwesten meist an, während im Raum Damaskus nach wie vor viele Dörfer und Regionen belagert werden. Die dortigen Bewohner werden regelrecht ausgehungert. Ob die Hilfe möglich ist, ist auch davon abhängig, wie stark dafür der internationale Druck ist.

Die internationale Gemeinschaft muss jetzt aktiver werden und darauf hinarbeiten, kleine Veränderungsschritte in Syrien durchzusetzen.

Momentane Ruhe im Süden, schwere Kämpfe im Norden: Wie geht es weiter in Syrien?

Das ist sehr schwer zu sagen. Sicher ist es ein positives Zeichen, dass die Bombardierungen nachgelassen haben. Nur so können sich die zarten Pflänzchen der Zivilgesellschaft überhaupt entwickeln. Nur so können die Menschen wieder anfangen, sich gegen dschihadistische Gruppen zur Wehr zu setzen. So gehen etwa die Einwohner in einer der Städte, die wir unterstützen, auf die Strasse und wehren sich gegen die Beherrschung durch die Nusra-Front. Wenn es angesichts von Bombenabwürfen ausschliesslich ums tägliche Überleben geht, ist solches nicht möglich. Die internationale Gemeinschaft muss jetzt ausserdem viel aktiver werden und darauf hinarbeiten, kleine Veränderungsschritte in Syrien durchzusetzen. Das muss jetzt einfach geschehen.

Das Gespräch führte Markus Föhn.

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