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«Sinn Fein hat nicht viele Leute vom Format eines McGuinness»
Aus Echo der Zeit vom 09.01.2017. Bild: Keystone
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Regierungskrise in Nordirland Sinn Fein kündigt die Koalition mit den Unionisten

Nordirlands Vizeregierungschef Martin McGuinness tritt zurück. Damit zwingt der Vertreter der katholischen Sinn Fein seine protestantische Koalitionspartnerin dazu, Neuwahlen anzusetzen. Ob diese eine Klärung brächten, bezweifelt SRF-Korrespondent Martin Alioth allerdings.

SRF News: Wie begründet McGuinness seinen Rückzug aus der Regierung?
Martin Alioth: Mit der «Arroganz» seiner Koalitionspartnerin Arlene Foster von der protestantischen DUP-Partei. Obwohl ihr eine Mehrheit des Parlaments vor Weihnachten das Misstrauen ausgesprochen hat, weigert sich die Regierungschefin standhaft, in den Ausstand zu treten. Sie wolle abwarten, bis der Subventionsskandal über Heizkostenzuschüsse aufgeklärt sei, erklärte sie. Wegen des Skandals muss der Staat Steuerausfälle und Kosten von rund einer halben Milliarde britische Pfund verkraften.

Worum ging es genau bei dem Skandal?
Es ging um Zuschüsse an die Kosten fürs Heizen mit erneuerbarer Energie. Das Subventionssystem war aber derart stümperhaft aufgestellt, dass die Nutzniesser mehr Geld vom Staat erhielten, als sie für die Brennstoffe benötigten. Man könnte also sagen, dass in Nordirland leere Scheunen auf Kosten des Steuerzahlers beheizt werden.

Es kommt jetzt wohl zu Neuwahlen. Würden sie die politische Lage klären?
Das bezweifle ich sehr. Das Klima zwischen der Sinn-Fein-Partei von McGuinness und der DUP von Foster ist – namentlich wegen der Arroganz Fosters – sehr angespannt. Sie schieben alle Geschäfte auf, bei denen sie sich nicht einigen können. Es herrscht Stillstand, und ich kann mir nicht vorstellen, was Neuwahlen daran zum Bessern verändern sollten.

Man könnte also sagen, dass in Nordirland leere Scheunen auf Kosten des Steuerzahlers beheizt werden.

Was für eine Figur ist McGuinness?
Eine Figur mit enormer Zivilcourage. McGuinness hat einen langen politischen und militärischen Weg hinter sich. Er hat sich dazu bekannt, während des Nordirlandkonflikts Kommandant bei der irisch-republikanischen Armee (IRA) gewesen zu sein. Danach mauserte er sich zum Friedenspolitiker und wurde vor zehn Jahren stellvertretender Regierungschef. In dieser Zeit zeichnete er sich durch Zivilcourage und Versöhnungswillen aus. Sinn Fein hat nicht viele Leute von diesem Format. Die Neuwahlen wird der schwer herzkranke McGuinness vermutlich für einen Abgang von der politischen Bühne nutzen.

Nordirlands geteilte Gesellschaft

Nordirland, das im Gegensatz zu Irland, immer noch zu Grossbritannien gehört, ist geprägt vom Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten. Trotzdem ist es kein religiöser, sondern ein politischer und wirtschaftlicher Konflikt, der ins 17. Jahrhundert zurückreicht.

Grossbritannien versuchte damals die Aufstände der vorwiegend katholischen Iren gegen seine Herrschaft zu unterdrücken, indem es die Insel systematisch mit protestantischen Engländern und Schotten besiedeln liess. Viele Iren wurden dabei enteignet. Das ist der Ursprung des Konflikts, der 1921 in der Teilung des Landes mündete und in Nordirland die Trennung zwischen wirtschaftlich, rechtlich und sozial benachteiligten Katholiken und Protestanten zementiert hat.

Die katholischen Nationalisten streben eine Loslösung von Grossbritannien an und möchten sich mit der Republik Irland vereinigen. Sie werden von der Partei Sinn Fein vertreten. Die protestantischen Unionisten wollen Teil des britischen Königreiches bleiben. Am prominentesten werden sie durch die Democratic Unionist Party (DUP) vertreten.

Der teilweise autonom verwaltete Landesteil des Vereinigten Königreichs sollte seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 stets von einer Koalition aus Protestanten und Katholiken regiert werden. Doch beide Lager waren lange Zeit nicht bereit, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Erst nach den Wahlen von 2007, als die DUP und die Sinn Fein die Regierungsgeschäfte übernahmen, haben sich beide Seiten laut der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung in einer «pragmatischen Koalition» eingerichtet.

Martin Alioth

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Porträt Martin Alioth

Der Grossbritannien- und Irland-Korrespondent von Radio SRF lebt seit 1984 in Irland. Er hat in Basel und Salzburg Geschichte und Wirtschaft studiert.

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