Chinas Staatschef Xi Jinping ist diese Woche nach Europa gereist, um im chinesisch-europäischen Verhältnis die Gräben auf europäischer Seite zur Schau zu stellen – und zu seinen Gunsten zu nutzen.
Mit den Stopps in Frankreich, Serbien und Ungarn «erwärmt sich die Freundschaft zwischen China und Europa wieder», frohlockte die Zeitung «Global Times», ein Organ von Xis Kommunistischer Partei. Tatsächlich zeigte Xis Reiseroute die vielen Widersprüche in Europas Haltung gegenüber China auf.
Und das in einer Zeit, in der auch Xi mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Seine Wirtschaft schwächelt, er braucht Europa als Investitionsstandort und als Absatzmarkt für chinesische Produkte. Doch in vielen europäischen Hauptstädten hat er mit wachsendem Unmut zu kämpfen. Italien zieht sich aus dem chinesischen Investitionsprojekt Neue Seidenstrasse zurück.
Abwehrreflexe und Anschuldigungen
Geopolitisch hat China seinen Einfluss in den vergangenen Jahren erfolgreich ausgebaut, muss aber auf der Hut sein. In vielen asiatischen Staaten führt die Furcht vor China zu Abwehrreflexen. Russland ist zwar ein nützlicher Juniorpartner, dürfte hinter den Kulissen aber auch da und dort als Konkurrent wahrgenommen werden, etwa beim Einfluss auf Nordkorea. Und der Gazakrieg dämpft Chinas Ambition, sich im Nahen Osten als Ordnungsmacht zu etablieren.
Umso wichtiger ist Europa. Im Gespräch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ging es darum, europäische Strafzölle gegen subventionierte chinesische Elektroautos abzuwenden. Frankreich befürwortet solche, konnte sich innerhalb der EU aber bislang nicht gegen Deutschland durchsetzen. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz fürchtet nämlich Gegenmassnahmen – und blieb dem Treffen mit Xi «aus Termingründen» fern.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die von Brüssel nach Paris gereist war, kritisierte Chinas unfaire Handelspraktiken und ebenso dessen Unterstützung Russlands im Ukrainekrieg. Auf ein Entgegenkommen Xis wartete von der Leyen vergebens.
Prunk und Pomp
Einen herzlichen Empfang mit haushohen China-Flaggen bekam Xi dafür in der serbischen Hauptstadt Belgrad von Präsident Aleksandar Vucic. Die Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch die USA vor genau 25 Jahren hat China und Serbien zusammengeschweisst. Serbien liegt auf der Neuen Seidenstrasse, und China hat Russland als wichtigsten Partner Serbiens abgelöst. Diese Woche unterzeichneten die beiden Staaten 28 Abkommen und Memoranden, Xi lobte die «eiserne Freundschaft».
Den vielleicht wichtigsten Stopp sparte sich Xi für den Schluss auf. Eine prunkvolle Reiterstaffel empfing ihn in Budapest, der Hauptstadt Ungarns. Das Land liegt ebenfalls auf der Neuen Seidenstrasse und ist für China ein immer wichtigerer Investitionsstandort. Vor allem aber hat Ungarn als Mitglied der EU Einfluss auf ihre China-Politik. Xi und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán verkündeten eine «umfassende strategische Partnerschaft» und die Unterzeichnung von 18 Abkommen.
Mit Orbán und Vucic gab es Prunk, Pomp und handfeste Resultate, mit Macron und von der Leyen kühle Gespräche und jede Menge Anschuldigungen. Xi ist es gelungen, die Gräben in Europas China-Politik zur Schau zu stellen und seinen Einfluss dort zu mehren, wo die EU einen schweren Stand hat. Vielsagend konstatierte die «Global Times», die Reise habe eine «grosse Bedeutung für die Beziehungen zwischen China und Europa».