Alle zwei Minuten ein Fussballfeld – so schnell wird der Regenwald abgeholzt. Grund hierfür ist nicht nur der Gewinn von Tropenholz oder die Schaffung von Rinderweiden. Auch der Anbau von Soja wird durch den Kahlschlag ermöglicht. Eine neue Studie nimmt nun insbesondere den europäischen Soja-Konsumenten in die Verantwortung; die Kultivierung der Bohne, die seine Nachfrage deckt, muss in Ausmass und Art dringend überdacht werden.
Die Schweiz als «Musterknabe»
Einer, der Anbau, Einfuhr und Konsum von Soja kritisch beobachtet, ist Stefan Kausch vom Soja-Netzwerk Schweiz. Wenn ihn die Bewirtschaftung zur Soja-Gewinnung grundsätzlich auch missmutig stimmt, lobt er die Schweiz in dieser Hinsicht für ihre Vorreiterrolle. Alles Soja, das aus Brasilien stamme – und die Schweiz bezöge nur aus Brasilien, wenn es um Südamerika geht – sei zu hundert Prozehnt nach Proterra-Standard zertifiziert; will heissen, nach Unesco-Richtlinien abholzungsfrei.
Dass die Schweiz in der Soja-Frage demnach ein «Musterknabe» ist, erklärt Kausch mit dem hiesigen Konsumentenverhalten. Der Schweizer Konsument sei sehr «sensibilisiert» im Hinblick auf derartige Themen – und nicht zufällig auch «Bio- und Fair-Trade-Weltmeister». Bereits vor elf Jahren habe die Schweiz, an einer «umwelt- und sozialverträgliche Produktion» von Soja interessiert, erste Standards für einen verantwortungsvollen Soja-Anbau in Südamerika entwickelt.
Eine Frage der finanziellen Möglichkeiten?
Gefragt, weshalb die EU und insbesondere Deutschland nicht wie die Schweiz auf verantwortungsvollen Soja-Anbau setze, verweist Kausch auf die grössere Preissensibilität im EU-Raum. Dennoch seien auch im politischen Europa, namentlich in Holland und Skandinavien, Bestrebungen in Richtung Nachhaltigkeit in Gang – die in den kommenden fünf Jahren Früchte tragen könnten. Weiter mache derzeit Österreich mit dem Projekt «Donau Soja» Schule, das auf eine alternative Herkunftsquelle von Soja setze. 130 Organisationen, darunter auch deutsche, hätten sich dem Unterfangen bereits angeschlossen.
Nebst grundsätzlichen Standards für einen verantwortungsvollen Anbau muss man sich laut Kausch um Schutzzonen bemühen. Ferner sei der Regenwald vor seiner Zerstörung zu bewahren, wenn der Abnehmer seinen «Konsum von tierischen Eiweissen massvoll» gestalte. Ungeachtet dieser Bemühungen wird aber – sofern keine umfassende Lösung gefunden wird – das Soja-Problem bestehen bleiben. Denn der Soja-Hunger der Welt ist immens.
Nachfrage nicht gedeckt
Gefragt, ob es denn genügend verantwortungsewusst produziertes Soja gebe, um die Nachfrage aus der EU und etwa aus China zu decken, gibt Kausch eine abschlägige Antwort. Zwar reiche das nachhaltig produzierte Soja «für einzelne Länder der EU». Aber wenn die gesamte EU wie die Schweiz auf ein hundertprozentig nachhaltiges Produkt umstellen würde, wäre monentan «zu wenig Soja in dieser Qualität» vorhanden.
Soja: jahrtausendealte Nahrungspflanze
Die Sojabohne, bisweilen auch einfach Soja genannt, ist eine Nutzpflanze aus der Gattung der Schmetterlingsblütler, die wiederum zur Familie der Hülsenfrüchtler gehören. Seit dem zweiten Jahrtausend v. Chr. ist die Sojabohne als Nahrungspflanze nachgewiesen. Soja-Bohnen enthalten etwa 20 Prozent Öl und 37 Prozent Eiweiss. Die Eiweissqualität ist mit der von tierischem Eiweiss vergleichbar ist, was die Soja-Bohne von anderen Pflanzen abhebt. 80 Prozent der begehrten Bohne werden zu Mehl verarbeitet, das anschliessend als Futtermittel in Tiertrögen landet. |