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Aargau Solothurn Solothurner «Online-Arzt» scheitert vor Bundesgericht

Es war ein lohnendes Geschäftsmodell: Ein Solothurner Arzt hat Zehntausende von Patienten «beraten». Er stellte online Rezepte aus für sehr starke Medikamente. Ohne die Patienten je gesehen zu haben. Damit habe er gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen, sagen nun auch die Bundesrichter.

Ein Solothurner Arzt ist zu Recht zu einer bedingten Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt worden. Das entschied das Bundesgericht. Der Arzt wollte einen Freispruch. Er hatte 45'000 Rezepte für Medikamente an Internetkunden in den USA, Kanada und Grossbritannien ausgestellt.

Das Bundesgericht wies die Beschwerde des Arztes gemäss dem am Freitag veröffentlichten Urteil ab und bestätigte damit das Strafurteil des Solothurner Obergerichts. Der mittlerweile pensionierte Arzt machte sich des qualifizierten widerrechtlichen Umgangs mit Betäubungsmitteln durch Medizinalpersonen schuldig.

Der Mann kassiert eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren, eine Geldstrafe von 144 Tagessätzen zu je 230 Franken (insgesamt 33'120 Franken). Er muss dem Kanton Solothurn zudem eine Ersatzforderung von 280'000 Franken bezahlen.

«Internet»-Arzt für die halbe Welt

Ein Stetoskop liegt auf einer Computertastatur
Legende: Ein Online-Fragebogen ist kein Arzt-Besuch, sagt das Bundesgericht und bestätigt das Urteil gegen einen «Internet-Arzt». Colourbox

Der Arzt war an einem ungewöhnlichen Geschäftsmodell beteiligt gewesen. Vorwiegend Personen aus den USA, aus Kanada und Grossbritannien bestellten über zwei Webseiten mit der Domain-Endung «com» grösstenteils betäubungsmittelhaltige Medikamente wie zum Beispiel Valium.

Die Besteller machten in einem online ausgefüllten Fragebogen Angaben über ihr Alter, ihre Grösse und ihren Gesundheitszustand. Dann kam der Solothurner Arzt mit eigener Praxis ins Spiel.

Er entschied, ob das Rezept für das gewünschte Medikament auszustellen sei oder nicht. Er hatte dafür gemäss Vereinbarung mit einem Webunternehmen höchstens 24 Stunden Zeit.

Viele Kunden, sehr viele Rezepte

Wenn er die Bestellung durch Mausklick genehmigte, erstellte das System unter Hinzufügung der vom Besteller angegebenen Adresse unter der eingescannten Unterschrift des Arztes das entsprechende Rezept.

In der Folge wurden die Medikamente durch ebenfalls an das System angeschlossene Apotheken an die Besteller versandt. Der Arzt war sehr fleissig: Insgesamt 55'981 Bestellungen für rezeptpflichtige Medikamente bearbeitete er zwischen Februar 2006 und Dezember 2009.

Er stimmte 82 Prozent der Anträge zu. Der «Internet»-Arzt stellte gut 45'000 Rezepte aus, ohne die Besteller jemals persönlich gesehen zu haben. Er verdiente kräftig mit: 10 Franken erhielt er pro Rezeptantrag - insgesamt mindestens 400'000 Franken, wie das Bundesgericht in seinen Erwägungen ausführt.

Arzt will kein Drogenhändler sein

Audio
Bundesgericht bestätigt Urteil gegen Solothurner «Online-Doktor» (27.5.2016)
01:34 min
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Der Arzt wollte mit dem Weiterzug des Urteils des Obergerichts an das Bundesgericht einen Freispruch erreichen. Sein Verhalten falle nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, sondern allenfalls unter den Anwendungsbereich des Heilmittelgesetzes. Er sei kein gewerbsmässiger Drogendealer, sondern zugelassener praktizierender Arzt.

Die Bundesrichter schätzen das - wie zuvor das Amtsgericht Solothurn-Lebern und das Obergericht - anders ein. Der Beschwerdeführer stellte gemäss Bundesgericht allein aufgrund der nicht überprüften Angaben der Besteller in den Fragebögen die Rezepte für betäubungsmittelhaltige Arzneimittel aus.

Arzt muss Patienten untersuchen

Er habe damit seine Verpflichtung verletzt, unter konkreten Umständen zu prüfen, ob die Verschreibung eines Betäubungsmittels im Grundsatz und im Umfang unter den konkreten Umständen ärztlich vertretbar sei.

Um das Risiko einer unbegründeten Verschreibung von Betäubungsmitteln auszuschliessen, habe der Verschreibung eine ärztliche Untersuchung vorauszugehen, halten die Bundesrichter fest. Auf die Angaben des Patienten oder einer Drittperson allein dürfe sich der Arzt jedenfalls nicht verlassen.

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