Mit dem Jahreswechsel verändert sich die Landkarte der Schweiz: Moutier verlässt den Kanton Bern und gehört ab Neujahr zum Kanton Jura. Für den Berner Jura bedeutet das einen Einschnitt – und für Saint-Imier eine neue Rolle. Das Städtchen mit gut 5000 Einwohnerinnen und Einwohnern wird zur grössten Gemeinde des Berner Juras.
An der Rue Agassiz, im ersten Stock des Gemeindehauses, sitzt Corentin Jeanneret (FDP). Für den 29-jährigen Gemeindepräsidenten ist klar: Die Neuorganisation des Berner Juras ist eine Chance. «Saint-Imier wird künftig ein Zentrum für Gesundheit, Kultur und Ausbildung», sagt er zum SRF-Reporter.
Doch Jeanneret sieht auch Risiken. Als Vertreter im Berner Kantonsparlament weiss er, dass mit dem Abgang von Moutier rund 8000 Menschen den Kanton Bern verlassen. Bei insgesamt 50'000 im Berner Jura ist das ein spürbarer Verlust, das politische Gewicht schwindet. «Die französischsprachige Minderheit wird kleiner», sagt Jeanneret.
Skepsis und Hoffnung bei den Menschen
Szenewechsel. Mittagszeit in der «Brasserie de la Place». Hier trifft sich die Bankerin mit dem Musiker, der Gastronom mit der Ärztin. Es wird diskutiert und gelacht, bei Weisswein und Fish'n'Chips.
An der Bar sitzt ein älterer Mann, der sein ganzes Leben in Saint-Imier verbracht hat. «Viel wird sich nicht ändern», meint er. Aber eines wurmt ihn: Die Verwaltungsposten gehen alle woanders hin – das neue Verwaltungszentrum nach Tavannes, die mobile Polizei nach Loveresse, die Justiz vorübergehend nach Biel. «Saint-Imier hätte mehr kämpfen müssen», sagt er und fordert mehr Einsatz im Tourismus.
Ich hoffe, dass sich die Jura-Frage erledigt hat.
Am Stammtisch im Restaurant Berna sitzen die Alteingesessenen. «Ich hoffe, dass sich die Jura-Frage mit dem Abgang von Moutier erledigt hat», so ein älterer Herr. Aber Saint-Imier als neues Zentrum des Berner Juras? Da schüttelt er den Kopf. Jedes Tal in der Region werde weiterhin relativ unabhängig bleiben, ist er überzeugt.
Draussen klingt es optimistischer. Mafalda und Mathilde, beide 18, hoffen, dass ihr Saint-Imier künftig mehr Aufmerksamkeit bekommt. «Das Städtchen hat viel zu bieten», sagt Mathilde und lächelt. Kultur, Natur, Geschichte – und vielleicht neue Chancen für Junge.
Musik als Brücke
In einer alten Villa aus der grossen Uhrenmacherzeit spielt Steven Schumann am Klavier. Der Elfjährige besucht die Musikschule des Berner Juras, die in Saint-Imier ihren Hauptsitz hat und in Moutier über eine Dependance verfügt. Diese wechselt im Sommer zur Musikschule des Juras.
Direktor Philippe Krüttli sieht darin ein Zeichen der Kontinuität: «Es ist ein Irrtum zu glauben, Moutier gehe weg. Die Menschen bleiben. Das Leben wird sich kaum verändern.»
Saint-Imier steht vor aufregenden Jahren zwischen Zuversicht und Skepsis. Die bald grösste Gemeinde im Berner Jura – und eine, die nun zeigen muss, was in ihr steckt.