Die Teilrevision des Ergänzungsleistungsgesetzes, über die in Baselbiet am 30. November abgestimmt wird, ist schon der dritte Anlauf für eine Erhöhung des Vermögensverzehrs: Die Baselbieter Stimmberechtigten waren schon zweimal dagegen.
Was steht hinter diesem abstrakten Begriff? Wenn die Rente von AHV oder IV die Lebenshaltungskosten nicht deckt, hat man gemäss Bundesrecht Anrecht auf Ergänzungsleistungen (EL).
Was ist Vermögensverzehr?
Die genaue Höhe der EL wird errechnet als Differenz zwischen anerkannten Ausgaben und anrechenbaren Einnahmen. Zu diesen Einnahmen gezählt wird auch ein Teil des Vermögens über einem Freibetrag. So wird dieses mit der Zeit bis auf den Freibetrag aufgebraucht: der sogenannte Vermögensverzehr.
Der Bund gibt für den Vermögensverzehr zwar Werte vor, nämlich zehn Prozent für AHV- und 6.7 Prozent für IV-Beziehende. Aber die Kantone haben einen Handlungsspielraum: Bei Menschen, die EL beziehen und im Heim oder Spital leben, dürfen sie den Vermögensverzehr auf maximal 20 Prozent pro Jahr ansetzen.
Genau das tun heute auch alle anderen Kantone, zumindest ein Stück weit. Nun soll auch Baselland für AHV- und IV-Beziehende auf 20 Prozent gehen.
Gemeinden profitieren mehr als der Kanton
Die Regierung argumentiert mit seiner Finanzlage sowie Gerechtigkeit und Bevölkerungsentwicklung. Sie rechnet mit einer anfänglichen Entlastung von jährlich rund 1.15 Millionen Franken für den Kanton und von rund 1.75 Millionen für die Gemeinden.
Für EL-Beziehende im Heimen und Spitälern falle damit die effektive Höhe der EL zunächst im Durchschnitt etwa 120 Franken pro Monat kleiner aus – bis das Vermögen auf den Freibetrag gesunken ist.
Die Vermögens-Freibeträge bleiben gleich; diese regelt der Bund. Bei Alleinstehenden sind es 30'000 und bei Ehepaaren 50'000 Franken. Er wird bei Ehepaaren mit Wohneigentum um 300'000 Franken (Steuerwert) erhöht, wenn ein Ehegatte im Heim oder im Spital und der andere zu Hause wohnt – so soll kein Verkauf nötig werden.
Im Kantonsparlament kam die Vorlage vor den Sommerferien zwar mit 53 gegen 22 Stimmen klar durch. Aber weil dies nicht für ein Vierfünftel-Mehr reichte, kommt sie an die Urne. Wird sie angenommen, gelten die neuen Ansätze ab Jahresbeginn.
Bei den bürgerlichen Parteien sowie der GLP kommt die Vorlage mit Verweis auf die Eigenverantwortung unter dem Strich gut an. Die SP ist dagegen, weil wirklich Reiche ohnehin keine EL bezögen und so jene drangsaliert würden, die ein Vermögen knapp über den Freibeträgen angespart hätten. Die Grünen sind gespalten.
Den Vermögensverzehr für AHV-Beziehende anzuheben, war 2012 und 2014 abgelehnt worden: Erst standen 20 Prozent im Rahmen eines Sparpaketes zur Debatte, dann 15 Prozent in einer Einzelvorlage.
2021 wurde das Bundesrecht revidiert, was den Fokus stärker auf vermögende EL-Beziehende beziehungsweise deren Erben verschob, während die öffentliche Hand und damit die Steuerzahlenden entlastet werden.