Die Stadt Bern ist die Abstimmungsmeisterin der Schweiz. In keiner anderen Stadt finden so viele kommunale Abstimmungen statt.
Rekordverdächtig war der 18. Juni 2023, als die Bernerinnen und Berner über 17 Vorlagen abstimmen mussten, 12 davon auf kommunaler Ebene. Eine Herkulesaufgabe – nicht nur für die Verwaltung, sondern auch die Stimmberechtigten.
Grund für die Abstimmungsflut: In Bern muss bei Geschäften über 7 Millionen Franken stets das Volk seinen Segen geben.
Die Ausgabengrenze des Stadtparlaments soll nun von 7 auf 12 Millionen Franken steigen. Über diese durch eine parlamentarische Initiative angestossene Reform entscheidet das Berner Stimmvolk am 30. November.
In anderen Städten haben die Gemeindeparlamente bereits jetzt eine deutlich geringere Finanzkompetenz: In Zürich etwa muss das Volk erst ab einem Betrag von 20 Millionen Franken grünes Licht geben.
In kleineren Städten wie St. Gallen oder Luzern liegt die Schwelle bei 15 Millionen Franken. Dementsprechend gibt es dort weniger Volksabstimmungen.
Die letzte Anpassung der Finanzkompetenzen in der Stadt Bern liegt 25 Jahre zurück. Seither sind Bauprojekte laut der Stadt deutlich komplexer geworden, beispielsweise aufgrund von Klimaschutzvorgaben oder Bestimmungen zu hindernisfreiem Zugang. Neu soll die Stadtregierung auch mehr Spielraum erhalten und Ausgaben von bis zu 500'000 Franken beschliessen können. Heute sind es 300'000 Franken.
Etwas weniger Abstimmungen wären wohl mehr.
Der Berner Stadtrat stellte sich klar hinter die Erhöhung der Ausgabenschwelle. «Etwas weniger Abstimmungen wären wohl mehr», sagte SP-Stadtrat Chandru Somasundaram in der Ratsdebatte. Durch die Erhöhung werde die Demokratie nicht eingeschränkt.
Die direkte Demokratie darf nicht eingeschränkt werden.
Denn viele Abstimmungen könnten die Stimmberechtigen auch ermüden. Mit der Konsequenz, dass die Stimmberechtigen sich kaum mit den vielen Vorlagen befassen und die Geschäfte einfach durchwinken.
Anderer Meinung ist SVP-Stadtrat Alexander Feuz. «Die direkte Demokratie darf nicht eingeschränkt werden», sagte er in der Ratsdebatte. Die hohe Anzahl an Abstimmungen sei der Preis für die Demokratie. Eine «Selbstkastration» sei nicht sinnvoll, es sei wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger mitreden könnten.
Nun hat am 30. November das Stimmvolk das letzte Wort – und muss gleichzeitig über 6 weitere kommunale Vorlagen abstimmen.