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Atomkraftwerk Gösgen Ein AKW steht still – was bedeutet das für die Angestellten?

Seit dem Frühling ist das Atomkraftwerk Gösgen nicht mehr am Netz. Wegen zusätzlicher Reparaturen bleibt es vermutlich bis Februar 2026 abgeschaltet. Dennoch gibt es für die Angestellten genug zu tun.

«Im Berichtsmonat fand keine Stromproduktion statt.» Dieser Satz steht auf der Website des Kernkraftwerks Gösgen seit Juni an jener Stelle, an der normalerweise die aktuellen Betriebsangaben stehen sollten. Frühestens ab Februar 2026 wird sich dieser Eintrag wieder ändern. Bis dahin liefert das Soloturner Werk keinen Strom.

Kühlturm Gösgen von aussen
Legende: Kein Dampf über Gösgen: Das AKW liefert seit einem halben Jahr keinen Strom mehr. SRF/Christoph Studer

Das Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI hat bei der Inspektion eine «mutmassliche Auslegungsschwachstelle im Speisewassersystem» entdeckt und verlangte Nachbesserungen. Erst wenn diese Arbeit erledigt ist, wird man über dem markanten Kühlturm wieder eine Dampfwolke in den Himmel steigen sehen.

Wenn ich morgens zur Arbeit komme und keine Dampfwolke sehe, tut mir das weh.
Autor: Herbert Meinecke Betriebsleiter Kernkraftwerk Gösgen

Der «wolkenlose» Kühlturm ist für Herbert Meinecke, Leiter des Kernkraftwerks, ein schmerzhafter Anblick. «Wenn ich morgens zur Arbeit komme und keine Dampfwolke sehe, tut mir das weh.» Vermutlich gehe es vielen anderen der 660 Mitarbeitenden von Gösgen genauso. Was tun sie jetzt, wo sie seit über einem halben Jahr keinen Strom mehr produzieren?

Angestellte arbeiten weiter

Wie Herbert Meinecke erklärt, verhält es sich bei einem Atomkraftwerk anders als bei einem Bäcker, wenn die Backstube geschlossen ist oder anders, als bei einem Piloten ohne Flugzeug. «Im Prinzip hat jeder unserer Mitarbeitenden mit der Stromproduktion zu tun. Aber ob wir Strom produzieren oder nicht, hat auf die Anzahl der Mitarbeitenden keinen Einfluss.»

Armaturen auf Null
Legende: Die Armaturen im Kernkraftwerk Gösgen stehen auf null – weil kein Strom produziert wird. SRF/Christoph Studer

«Die Putzkräfte reinigen weiter, die Ingenieure überprüfen zum Beispiel weiterhin die Ausrüstungen, die Finanzleute kümmern sich noch immer um die Buchhaltung», sagt Meinecke. Aber natürlich merkt man beim Rundgang durch das vom Netz genommene Kernkraftwerk, dass hier etwas anders ist.

Die andere Werksführung

Im Maschinenhaus dröhnen die vier grossen Turbinen nämlich ansonsten so laut, dass man sein eigenes Wort kaum versteht. Heute hört man nur das Rauschen von mobilen Lüftungs- und Heizsystemen.

Meinecke erklärt: «In diesen Turbinen fliesst normalerweise Wasser, jetzt ist nichts mehr drin. Um zu verhindern, dass die Turbinen rosten und um Standschäden zu vermeiden, sind die Lüftungen und die Heizungen im Einsatz.»

Herbert Meinecke  und Stefan Brandes
Legende: Herbert Meinecke (l.) und Stefan Brandes führen durch das stillgelegte Kraftwerk. SRF/Christoph Studer

Besonders deutlich sichtbar wird der Stillstand des Kraftwerks, wenn man sich im Innern des 150 Meter hohen Kühlturms befindet. Schon alleine deswegen, weil man sich bei laufendem Betrieb gar nicht am Boden des Kühlturmes aufhalten könnte. «Bei laufendem Betrieb wäre der Aufenthalt hier vergleichbar mit einem heissen Dampfbad», sagt Betriebsführer Stefan Brandes. «Wer hier drin steht, ist beeindruckt von der grossen Dimension des Turmes.»

Millionenschwerer Stillstand

Jeder Tag, den das Atomkraftwerk stillsteht, kostet die Eigentümer etwa eine Million Franken. Der Druck von den Betreibern – primär Alpiq und Axpo –, so schnell wie möglich wieder ans Netz zu gehen, muss enorm sein, oder etwa nicht? Kraftwerksleiter Herbert Meinecke relativiert: «Es ist unser eigener Antrieb, so schnell wie möglich wieder ans Netz zu gehen. Von aussen gibt es keinen Druck, den Druck machen wir uns selbst.»

Maschinenhaus
Legende: An Stelle von lautem Dröhnen der Turbinen ist im Maschinenhaus nur das sanfte Rauschen von Lüftungs- und Heizungsgeräten zu hören. SRF/Christoph Studer

Das Ziel in Gösgen ist es, das Werk ab Februar wieder in Betrieb zu nehmen. Die Arbeiten am Speisewassersystem seien auf Kurs, sagt Meinecke. Innerlich freut er sich schon darauf, auf dem Weg zur Arbeit endlich wieder eine weisse Dampfwolke über dem markanten Kühlturm von Gösgen zu erblicken.

Woher kommt der Strom ohne Gösgen?

Box aufklappen Box zuklappen

Normalerweise liefert das Atomkraftwerk Gösgen etwa 13 Prozent des Schweizer Strombedarfs. Woher kommt dieser Strom aber jetzt, wo das Kernkraftwerk für rund zehn Monate gar keinen Strom produziert? Für das schweizerische Stromnetz ist Swissgrid zuständig. Swissgrid-Sprecher Daniel Dätscher sagt: «Der Ausfall von Gösgen ist eine Herausforderung, gerade in den Wintermonaten, doch wir können diesen Ausfall mit importiertem Strom sicherlich kompensieren.»

Regionaljournal Aargau Solothurn, 20.11.2025, 17:30 Uhr ; 

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