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Epidemiologe Christian Althaus im Gespräch
Aus 10 vor 10 vom 03.07.2020.
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Besorgnis wegen Covid-19-Trend «Zuwarten geht nicht – jeder Tag ist nun wichtig»

Verschiedene Kantone haben nach dem deutlichen Anstieg der Covid-19-Fälle ihre Massnahmen gegen das Virus verschärft. So wurden etwa im Tessin Menschenansammlungen von mehr als 30 Personen per sofort wieder verboten. Reichen solche Massnahmen aus, um das Blatt zu wenden? Und wie vermeidet man weitere Masseninfektionen? Ein Gespräch mit dem Epidemiologen Christian Althaus.

Christian Althaus

Christian Althaus

Epidemiologe

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Der Forscher Christian Althaus ist am Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) der Universität Bern tätig. Er ist Mitglied der Institutsleitung und leitet eine Forschungsgruppe für datenintensive und computergestützte Forschung zur Ausbreitung von Infektionskrankheiten.

Althaus war bis Anfang Januar 2021 Mitglied der vom Bundesrat einberufenen wissenschaftlichen Covid-19 Taskforce.

SRF: Die Covid-19-Task-Force warnt in einem Communique: «Vermeiden Sie Clubs, Diskotheken und Bars». Das tönt sehr besorgt?

Christian Althaus: Man ist in der Wissenschaft wirklich beunruhigt, weil der Trend der Epidemie ganz klar in die falsche Richtung geht. Darum wollte man nochmals die Warnung und neue Empfehlung herausgeben, dass insbesondere enge Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen gemieden werden sollen. Massnahmen, wie sie nun im Tessin erlassen wurden, sind sicher sehr sinnvoll, vielleicht müsste man sogar noch etwas weiter gehen.

Es ist möglicherweise wichtig, die Maximalgrösse der Veranstaltungen wieder zu reduzieren.

Kam die Öffnung der Bars und Clubs Ihrer Meinung nach zu früh?

Das war wahrscheinlich zu früh. Man sieht nun, dass das wirklich ein Problem darstellt und möglicherweise das Contact Tracing an den Anschlag bringen könnte. Zuerst hatte man ja auf maximal 30 Personen gelockert, dann auf 300. Irgendwo zwischen diesen beiden Zahlen liegt etwa die Grenze für die momentanen Möglichkeiten des Contact Tracing. Darum ist es möglicherweise wichtig, die Maximalgrösse der Veranstaltungen wieder zu reduzieren.

Ich glaube, die Situation ist sehr alarmierend.

Wie alarmierend ist die Situation momentan?

Ich glaube, die Situation ist sehr alarmierend. Man muss wissen, dass wir nun wieder in einem ansteigenden Verlauf sind. Das könnte exponentiell sein – und dann geht es sehr schnell, bis sich die Zahlen verdoppeln. Selbst wenn man nun neue Massnahmen erlassen würde, würden diese erst verzögert sichtbar werden. Mit anderen Worten: Der Anstieg würde sicher mal noch 1-2 Wochen weitergehen. Im Moment ist man schon ziemlich an der Grenze mit dem Contact Tracing – und dieses Mal dürfte man das keinesfalls aufgeben. Es ist darum sehr wichtig, dass man nun schnell handelt und sich neue Massnahmen überlegt. Jeder Tag ist nun wichtig.

Die Lockerungen dauern noch nicht so lange an, kann man nicht noch etwas zuwarten?

Zuwarten geht nicht. Der Plan war eigentlich eine langsame, schrittweise Lockerung. Nun hat man ein bisschen rasch vorwärts gemacht. Das Monitoring zeigt, dass seit Anfang Juni die Zahlen ganz klar in die falsche Richtung gehen. Jetzt ist Zeit zu handeln, wieder umzukehren und dann zu schauen, ob es auf dem neuen Niveau möglich ist, die Fallzahlen tief zu halten.

Sorgen machen uns natürlich mögliche Superspreading-Events, die man nicht sieht.

Warum sind Nachtclubs und Discos ein solch’ gutes Umfeld für das Coronavirus?

Unter anderem ist in Clubs die Voraussetzung gegeben, dass viele Leute in geschlossenen Räumen nahe beeinander sind. Es ist oftmals stickig und laut. Darum ist es eine Hochrisikozone für eine Übertragung. Das hat man nun gesehen in verschiedenen Clubs in Aargau, Zürich, Solothurn. Aus wissenschaftlicher Sicht würde ich die Fälle aber nicht als Superspreading-Events bezeichnen, denn bislang waren es nicht 20 oder 100 Neuansteckungen, sondern eher gegen 5 oder 6. Dass man die Fälle erkannt und das Contact Tracing funktioniert hat, ist ein positives Zeichen. Sorgen machen uns natürlich mögliche Superspreading-Events, die man eben nicht sieht. Diese könnten zu einer starken Verbreitung beitragen.

Spielt bei einem Superspreader-Fall eher das Umfeld eine Rolle, oder die Person?

Es spielt alles ein bisschen mit, doch liegt der Fokus eher nicht bei einer Person. Letztendlich ist die Person einfach jemand, der infiziert ist. Es sind natürlich auch die Kontakte, die einfach zu nahe sind und sich infizieren können. Wichtiger ist also eher der Event.

Das Gespräch führte Urs Gredig.

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Kantone nehmen Corona-Heft in die Hand
Aus 10 vor 10 vom 03.07.2020.
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10vor10 vom 03.07.2020;

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