Angeline Fankhausers Wahl in den Nationalrat 1983 war der Durchbruch der Baselbieter Frauen: Erstmals schickte der Kanton eine Frau nach Bundebern. «Das war eine Sensation», sagt Fankhauser Jahrzehnte später über ihre damalige Wahl.
Die armen Leute kannten mich bereits.
«Die Leute sagten, dass mich niemand kenne. Ich antwortete: ‹Die armen Leute kennen mich bereits›.» Bis 1999 blieb Fankhauser SP-Nationalrätin. Dann trat sie nicht mehr zur Wahl an.
Angeline Fankhauser stammt selbst aus ärmlichen Verhältnissen. Im neuen Buch «Beherzt voran! Portrait einer Politikerin» beschreibt Autor und Parteikollege Marc Joset, wie man die kleine Angeline und ihre Schwester spüren liess, dass sie arm waren.
Die Wahl in den Nationalrat war eine Genugtuung.
Mittlerweile ist Angeline Fankhauser 89 Jahre alt. Seit fast drei Jahrzehnten ist sie nicht mehr in der nationalen Politik. An ihre Zeit im Nationalrat erinnert sie sich gerne zurück. Dass sie als ehemals armengenössiges Mädchen Nationalrätin wurde, sei «eine Genugtuung» für sie gewesen.
Ein Leben in Bilden
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Bild 1 von 6. Angeline Fankhauser verbrachte ihre Kindheit in der Romandie. Sie war zeitweitweise armengenössig. Das habe man sie und ihre Schwester spüren lassen, sagt sie heute. Bildquelle: Privat.
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Bild 2 von 6. Fankhauser bei einer Demonstration von Kurdinnen und Kurden in St. Gallen. 1995 verweigerte ihr die Türkei die Einreise. Wohl wegen ihrer Politik in der Schweiz. Bildquelle: Gertrud Vogler.
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Bild 3 von 6. Die familienexterne Betreuung von Kindern war ihr auch bei ihrer Arbeit bei der Pro Juventute wichtig. (Foto 1986). Bildquelle: Gertrud Vogler.
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Bild 4 von 6. Beim Thema Alter wollen viele über Pflege reden. Angeline Fankhauser hat aber stets die Würde der älteren Menschen in den Vordergrund gestellt. Bildquelle: Gertrud Vogler.
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Bild 5 von 6. Die Ständerätinnen Vreni Spoerry, FDP (ZH) und Erika Forster, FDP (SG) unterhalten sich während der Debatte um eine schweizerische Strafprozessordnung mit Nationalrätin Angeline Fankhauser. Bildquelle: KEYSTONE/Alessandro della Valle.
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Bild 6 von 6. Angeline Fankhauser diskutiert 1989 mit dem damaligen Bundesrat Arnold Koller während der Session. Bildquelle: KEYSTONE/Str.
Kämpfen war sich Fankhauser beim Eintritt in den Nationalrat bereits gewohnt. Ihre politische Karriere startete sie im Einwohnerrat in Binningen. Nur wenige Jahre zuvor war sie aus dem Kanton Waadt zugezogen. Doch mit dem Umzug verlor sie ihr Stimm- und Wahlrecht. In der Waadt durften die Frauen bereits auf kommunaler und kantonaler Ebene abstimmen, im Baselbiet nicht.
Bereits in Binningen machte Fankhauser von sich reden: Sie war keine leise Politikerin, die stets der Parteilinie folgte. Sie war eine, die sich für ihre Ideen und Werte einsetzte, egal, ob sie damit auf Parteilinie war oder nicht. Die familienexterne Betreuung von Kindern war eine dieser Ideen. Sie kämpfte für ein Tagesmutter-Modell. Später im Nationalrat setzte sie sich erfolgreich für Familienzulagen ein.
Feinde hatte sie auch in der eigenen Partei
Dass Frauen und sogar Mütter im Beruf aktiv sein sollen, kam bei vielen Männern nicht gut an. Auch innerhalb der SP machte sie sich unter einigen Parteikollegen Feinde.
Der Sozialdemokratischen Partei blieb sie dennoch treu. «Ich habe mich in der SP immer kritisch wohlgefühlt», sagt sie heute. Sie habe der Parteileitung oft widersprochen, aber das sei immer möglich gewesen.
Moritz Leuenberger erinnert sich
Dass Fankhauser bleibende Spuren hinterlässt, sah man an der Buchvernissage am Donnerstagabend – die Kantonsbibliothek Liestal war voll. Zudem haben einige Promiente Texte zum Buch geliefert. Unter ihnen der ehemalige Bundesrat Moritz Leuenberger und einige frühere Nationalratsmitglieder.
Leuenberger habe sofort reagiert, als er ihn nach einem Text fragte, sagt Buchautor Marc Joset: «Innerhalb einer Viertelstunde antwortete er, dass er gerne etwas zu dem Buch über Angeline beisteuern würde.»
Heute ist Fankhauser noch immer interessiert am aktuellen Weltgeschehen und an der Tagespolitik. Tipps will sie den jetzigen Nationalrätinnen und Landräten aber nicht geben. «Politik ist wie Spitzensport», sagt sie. «Man trainiert viel, wenn man aktiv ist. Danach lässt man es ruhen.»
Eine neue Liebe hat sie auch gefunden: den Garten. «Ich probiere Permakultur aus oder beschäftige mich mit anderen naturverbundenen Methoden. Das ist das, was mich heute besonders interessiert.»