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Bischof von St. Gallen Kirche und Missbrauch: Beat Grögli spricht Klartext

Beat Grögli ist im Sommer in St. Gallen zum neuen Bischof geweiht worden. Im Interview spricht er über sexuellen Missbrauch in der Kirche, den Zerfall des internationalen Rechts und warum er die Hoffnung trotzdem nicht aufgibt.

Beat Grögli

Bischof

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Beat Grögli ist im Juli 2025 in der Stiftskirche und Kathedrale St. Gallen zum zwölften Bischof des Bistums St. Gallen geweiht worden. Er hat damit die Nachfolge von Markus Büchel angetreten.

SRF News: Wie blicken Sie auf den sexuellen Missbrauch in der Kirche?

Beat Grögli: Das ist eine traurige Geschichte. Mich macht vor allem die Verbindung von einem Übergriff mit Spiritualität sehr betroffen. Das finde ich schrecklich. Wir arbeiten die Geschichte auf und sorgen mit Schutzkonzepten und Schulungen dafür, dass wir das möglichst verhindern. Wichtig ist mir auch, schnell mit Betroffenen ins Gespräch zu kommen. Diese Begegnungen verändern etwas.

Könnte die Abschaffung des Pflichtzölibats eine Lösung sein?

Das glaube ich nicht. Es ist ein gesellschaftliches Thema. Würde der Zölibat wegfallen, bliebe die Problematik in der Gesellschaft. Man kann der Sexualität nicht ausweichen, auch ich persönlich nicht. Es bleibt eine lebenslange Auseinandersetzung mit dem Thema.

Bischof in liturgischem Gewand mit Bischofsstab.
Legende: Der St. Galler Bischof Beat Grögli an seiner Bischofsweihe in der Kathedrale in St. Gallen. (5.7.2025) Keystone/GIAN EHRENZELLER

Blicken wir auf die Welt: Kriege, Krisen, Hunger. Kann einem da der Glaube nicht abhandenkommen?

Der Glaube an die Menschheit kann einem schon abhandenkommen, das verstehe ich gut. Was ich ganz schwierig finde und was mich schrecklich stört: Das internationale Recht ist im Eimer.

Ich finde es unerträglich, wie sich viele vor den Mächtigen ducken.

Was meinen Sie damit?

Die Mächtigen sagen einfach, was gilt, und setzen es durch. Es zählt das Recht des Stärkeren. Ich finde es unerträglich, wie sich viele vor den Mächtigen ducken. Wenn da keine Allianz der vernünftigen Kräfte entsteht, die an ein internationales Recht glaubt, dann gewinnen die Stärkeren.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Schon bei der Wahl von Präsident Trump war mir klar: Jetzt verliert die Ukraine. Ihm ist die Ukraine schlussendlich egal, ein Spielball, den man hin- und herschiebt. Darunter leiden so viele Millionen Menschen. Da wird nicht ein Konflikt benannt, sondern ein Aggressor hat völlig widerrechtlich einen souveränen Staat überfallen.

Wir sind keine Marionetten, sondern von Gott geschaffene freie Menschen mit einer Verantwortung.

Warum, um in Ihren Worten zu sprechen, lässt Gott das alles zu?

Das ist keine naive Frage. Aber man kann nicht einfach Gott die Schuld für alles Unrecht auf dieser Welt zuschieben. Wir sind keine Marionetten, sondern von Gott geschaffene freie Menschen mit einer Verantwortung. Und diese Freiheit können wir auch missbrauchen. Das erleben wir im Moment ganz massiv.

Woher nehmen Sie trotzdem Hoffnung?

In allem Leid bin ich nicht allein, Gott ist da. Das ist unsere christliche Botschaft. Und wir glauben, dass es eine Gerechtigkeit gibt, die nicht wir schaffen, sondern die Gott schafft. Das letzte Wort auf dieser Welt ist noch nicht gesprochen. Das letzte Wort hat Gott.

Was ist die Kernbotschaft Ihrer Weihnachtspredigt?

Ich werde die Geschichte einer Krippe aus Blatten im Lötschental erzählen. Nachdem der Bergsturz das Dorf verschüttet hatte, sah ein Mann seine eigene Krippe auf dem neu entstandenen See schwimmen. Für mich ist das die Weihnachtsbotschaft: Die Hoffnung geht nicht unter.

 Das Gespräch führte David Karasek.

 

Tagesgespräch, 23.12.2025, 13 Uhr ; 

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