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Debatte um Mischlinge Wann ist ein Kampfhund ein Kampfhund?

Kampfhunde sind in vier Kantonen verboten. Doch welche Mischlinge fallen unter das Verbot? Diese Frage führt immer wieder zu Streit.

2005 griffen drei Pitbulls im Kanton Zürich ein Kind auf dem Weg zum Kindergarten an und bissen es zu Tode. Das Ereignis löste eine breite Debatte über ein nationales Kampfhundeverbot aus – doch ein solches scheiterte.

In der Folge führten einige Kantone Regelungen ein: In manchen braucht es eine Bewilligung für Kampfhunde, in anderen gilt Maulkorbpflicht. In Zürich, Genf, Freiburg und im Wallis sind bestimmte Rassen vollständig verboten – inklusive Kreuzungen, also Mischlingen mit Anteilen dieser Rassen. Laut Bundesgericht sind diese kantonalen Verbote zulässig. Sie führen aber immer wieder zu Streit. Heute befasst sich das Bundesgericht mit einem Fall aus dem Kanton Zürich.

Warum auch Mischlinge verboten sind

Jeder Hund kann zubeissen. Doch manche Rassen wurden historisch als Jagd- oder Kampfhunde eingesetzt und auf Beisskraft und Aggressivität gezüchtet. Auch wenn solche Zuchtpraktiken heute verboten sind, haben sich gewisse körperliche Eigenschaften erhalten.

Diese Mischlinge sind verboten

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Im Kanton Freiburg sind Pitbull-Mischlinge verboten.

Im Kanton Wallis sind Mischlinge verboten, die irgendeinen Anteil von Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bull Terrier, Bull Terrier, Dobermann, Dogo Argentino, Fila Brasileiro, Rottweiler, Mastiff, Mastín Español, Mastino Napoletano oder Tosa aufweisen.

Im Kanton Zürich dürfen keine Hunde mit mehr als zehn Prozent American Bull Terrier, American Bully, American Bully XXL, American Pit Bull Terrier, American Pocket Bully, American Staffordshire Terrier, Bandog, Basicdog, Bull Terrier, Pit Bull Terrier, Rottweiler, Staffordshire Bull Terrier, Swiss Blue Bully oder Swiss Champagner Bully angeschafft werden.

Im Kanton Genf dürfen keine Kampfhund-Mischlinge gehalten werden. Als Kampfhunde gelten: American Staffordshire Terrier, Boerboel, Cane Corso, Dogo Argentino, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastín Español, Mastino Napoletano, Pitbull, Presa Canario, Rottweiler, Tosa, Bordeauxdogge, Bullmastiff und Thai Ridgeback.

Quelle: Stiftung für das Recht im Tier

Dass auch Mischlingshunde unter das Verbot fallen, liegt an den vererbten Merkmalen wie Grösse, Gewicht oder einem kräftigen Kiefer, die mit besonders schlimmen Bisswunden einhergehen können. «Wenn ein solches Tier zubeisst, hat das andere Folgen als beispielsweise bei einem Rehpinscher», sagt Martin Brügger, Kantonstierarzt des Kantons Luzern.

Unklarheiten bei Mischlingshunden

Doch wann gilt ein Mischling als Kampfhund? Laut dem Veterinäramt Zürich wenden sich immer wieder Leute mit dieser Frage an die Behörde. Vor allem, wenn sie in den Kanton Zürich ziehen oder sich neu einen Hund anschaffen. Mitunter kommt es auch vor, dass Hundehalter angeschwärzt werden – etwa von Nachbarn oder Spaziergängern.

Pitbull legt Kopf auf Pfoten
Legende: In den Kantonen Zürich, Wallis, Genf und Freiburg wäre er verboten: Der Pitbull Sayuri spielte im Film «Once Upon a Time in Hollywood» an der Seite von Brad Pitt und Leonardo DiCaprio. ennifer Corbett / The News Journal via AP

Im Kanton Zürich ist die Regelung eigentlich klar: Können die Besitzer mittels Ahnentafel nachweisen, dass sämtliche Vorfahren bis zu den Urgrosseltern keiner verbotenen Rasse angehören, darf der Hund gehalten werden. Fehlt ein solcher Nachweis, entscheidet der Amtstierarzt – und zwar allein aufgrund des Erscheinungsbildes des Tieres.

Mischlings-Besitzer geht bis vor Bundesgericht

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Ein Zürcher kaufte bei einer Züchterin in Deutschland eine Mischung aus Bulldogge und Dachsbracke. Beide Rassen sind im Kanton Zürich erlaubt. Doch ein Jahr später ging bei der Polizei eine Meldung ein: Der Hund sehe aus wie ein Kampfhund. Da der Besitzer keine Ahnentafel der Urgrosseltern väterlicherseits vorlegen konnte, entschied der Amtstierarzt aufgrund des Aussehens: Der Hund weise mehr als zehn Prozent American Staffordshire Terrier auf – eine in Zürich verbotene Rasse. Das Veterinäramt wollte den Mischling deshalb beschlagnahmen und in einen anderen Kanton umplatzieren. Dagegen wehrte sich der Besitzer bis vor Bundesgericht. Dieses entscheidet heute nach einer öffentlichen Beratung.

Bundesgericht 2C_436/2023

In den Kantonen Genf, Wallis und Freiburg sind sämtliche Mischlingshunde verboten, die genetisch Anteile eines Listenhundes aufweisen. Wie dieser Anteil festgestellt wird, ist jedoch nicht gesetzlich geregelt.

«Das liegt im Ermessen der zuständigen Behörden», sagt Bianca Körner von der Stiftung für das Tier im Recht (TIR). «Das führt zu einer noch grösseren Rechtsunsicherheit als im Kanton Zürich.»

Im Kanton Wallis sind Gentests möglich

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Im Kanton Wallis erfolgt die Rassezuordnung laut Kantonstierarzt durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt im Rahmen der Registrierung in der nationalen Datenbank. Bei Unklarheiten oder Streitigkeiten hinsichtlich der Rasse könne eine genetische Analyse durch ein spezialisiertes Labor veranlasst werden. Die Ergebnisse dieser Analyse seien verbindlich.

In der Praxis erfolge die Einschätzung meist aufgrund des äusseren Erscheinungsbildes des Hundes oder gestützt auf ein Sachverständigengutachten.

Kantonaler Wirrwarr

Allein anhand des Erscheinungsbildes zu entscheiden, ergibt für Körner von der TIR jedoch keinen Sinn. «Das ist wissenschaftlich nicht fundiert – vom äusseren Erscheinungsbild lässt sich nicht zuverlässig auf die tatsächliche Rassezugehörigkeit schliessen.» Das führe zu willkürlichen oder fehlerhaften Entscheidungen.

Der kantonale Flickenteppich zeigt sich bei Mischlingshunden besonders deutlich. «Diese Rechtsunsicherheit ist für Hundebesitzer sehr unbefriedigend», so Körner. «Sie müssen sich gut überlegen, in welchem Kanton sie leben möchten, respektive welchen Hund sie sich im jeweiligen Kanton anschaffen.» Auch für Behörden und Tierschutzorganisationen, die Mischlingshunde vermitteln, kann der kantonale Wirrwarr zu Schwierigkeiten führen.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 6.10.2025, 12:03 Uhr; sten

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