Hunderte Personen taten am Dienstag ihrem Unmut auf dem Bundesplatz kund darüber, dass der Nationalrat für den Kampf gegen Gewalt an Frauen weniger Geld ausgeben wollte als der Ständerat.
Noch grösser war der Aufschrei im Netz. Auf Social Media verbreitete sich die Nachricht in Windeseile. Hunderttausende unterschrieben eine Online-Petition. PR-Coup oder Alltag in einer digitalisierten Welt? «Aussergewöhnlich an diesem Fall war, dass es in sehr kurzer Zeit geschehen ist und auch sehr viele Unterschriften zusammengekommen sind», sagt Sarah Bütikofer, Politikwissenschafterin am Forschungsinstitut Sotomo.
«Dann muss man natürlich auch sehen, dass der Appell, so wie er formuliert war, nicht ganz akkurat geschrieben war. Es gab durchaus Zuspitzungen und Verkürzungen dessen, was wirklich passiert ist und worum es wirklich ging.»
Mail-Fächer geflutet
Zudem wurden die Mail-Fächer der Parlamentarierinnen geflutet, was für Unmut sorgte: «Eigentlich ist es komplett kontraproduktiv», sagt Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (Die Mitte/LU). «Wenn ich das Anliegen nicht schon ohnehin unterstützt hätte, dann hätte ich praktisch fast noch aus Trotz das Gegenteil stimmen können.» Die Ständeratskollegin Eva Herzog (SP/BS) ihrerseits sagt: «Diese Mails – ich finde so etwas nicht sehr nützlich. Ich hoffe, es geht nicht so weiter. Wenn das jeden Tag passieren würde, könnten wir nicht mehr arbeiten, mit unseren Mails.»
Wenn ich das Anliegen nicht schon ohnehin unterstützt hätte, dann hätte ich praktisch fast noch aus Trotz das Gegenteil stimmen können.
Zuletzt mobilisierten die geplante Kürzung der Gelder für «Jugend + Sport» oder der Vorschlag, die Armee-Munition mit nach Hause zu nehmen, online stark. «Natürlich erlauben es die Möglichkeiten der Digitalisierung entsprechenden Organisationen ganz schnell und in kurzer Zeit, viele Unterschriften für ihre Anliegen zusammenzutragen und diese dann den Parlamentsmitgliedern zukommen zu lassen», so Politikwissenschaftlerin Bütikofer. «Von dem her kann man sagen, es ist eine Tendenz, die wir beobachten, dass es zunimmt. Inwieweit der Druck damit auf das politische System wirklich steigt, ist eine andere Frage.»
Der Ständerat hat das Budget im Kampf gegen Gewalt an Frauen mittlerweile wieder um eine Million aufgestockt. Nächste Woche wird sich zeigen, ob die Kritik auch im Nationalrat Gehör findet.