- Vier Organisationen fordern gemeinsam eine Verbesserung der Situation von Kindern im Schweizer Asylwesen.
- Sie verlangen nationale Mindeststandards für deren Unterbringung und Betreuung.
- Familien sollen räumlich getrennt von anderen Asylsuchenden untergebracht werden und Kinder Privatsphäre und Platz zum Spielen erhalten.
- Laut dem Staatssekretariat für Migration werde die separate Unterbringung nach Möglichkeit bereits heute umgesetzt. Dies gelinge jedoch noch nicht in jedem Fall.
Kollektivunterkünfte für Geflüchtete seien für Kinder eine schwierige Umgebung, heisst es in einer neuen Handlungsempfehlung an den Bund. Verfasst haben diese das UNO-Kinderhilfswerk Unicef, die Flüchtlingsorganisation UNHCR, Save the Children sowie die Schweizerische Flüchtlingshilfe.
Es geht vor allem um Kinder, die gemeinsam mit ihren Eltern in die Schweiz kommen. Sie werden zunächst durch den Bund und anschliessend durch die Kantone untergebracht. Zwar leben sie jeweils zusammen mit den Eltern, aber eben auch mit anderen Geflüchteten.
Keine Privatsphäre, kein Platz zum Spielen
Nicole Hinder von Unicef kritisiert dies: «Kollektivunterkünfte sind kein Ort, wo Kinder und Jugendliche untergebracht werden sollten. Es wirkt sich auf ihre Sicherheit, auf den Schutz und damit auch auf die Basis fürs Lernen, Entwicklung und Entfaltung aus.»
Kinder verbringen durchschnittlich 70 Tage in einem Bundesasylzentrum. In den Kollektivunterkünften der Kantone bleiben sie je nach Ausgang des Asylverfahrens Monate bis wenige Jahre. Doch den Kindern fehle es dort teilweise an eigenen Räumen und Rückzugsmöglichkeiten, sagt Nina Hössli von Save the Children.
Kinder sehen auch mal Personen, die unter Alkohol oder Drogeneinfluss stehen oder die aufgrund einer psychischen Erkrankung auffällig oder bedrohlich wirken.
Auch geflüchtete Kinder bräuchten Ruhe, Privatsphäre und einen Platz zum Spielen. «Wenn Stockbetten ein Zimmer vollständig füllen, haben die Kinder keinen Platz mehr, um in ihrem eigenen Zuhause zu spielen», so Hössli. Die vier Organisationen fordern deshalb, dass Familien räumlich getrennt von anderen Asylsuchenden untergebracht werden sollen.
Bund und Kantone zeigen Verständnis
Weiter brauche es ausreichende Betreuung und ausreichenden Schutz, etwa vor Gewalterfahrungen. In einer Kollektivunterkunft lebten viele verschiedene, sich fremde Personen auf engem Raum, so Hössli. «Da sehen Kinder auch mal einen Streit unter fremden Erwachsenen. Sie sehen Personen, die unter Alkohol oder Drogeneinfluss stehen oder die aufgrund einer psychischen Erkrankung auffällig oder bedrohlich wirken.»
Familien werden in Bundesasylzentren nach Möglichkeit immer getrennt von alleinstehenden Asylsuchenden untergebracht.
Die Forderung nach einer separierten Unterbringung von Familien mit Kindern sei nachvollziehbar, sagt Samuel Wyss vom Staatssekretariat für Migration. «Familien werden nach Möglichkeit in unseren Bundesasylzentren immer getrennt von alleinstehenden Asylsuchenden untergebracht.» Ganz immer gelinge das aber nicht.
Auch aus den Kantonen kommt Verständnis. Jris Bischof von der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren erklärt, oft würden Abbruchliegenschaften und Umnutzung als Unterkunft dienen. «Da ist die Ausgangslage sehr eingeschränkt, um eine kindergerechte Unterbringung zu ermöglichen.» Die Chancen jedoch, zusätzliche Mittel für Kinder im Asylbereich zu mobilisieren, sind derzeit politisch eher gering.